Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen.
Francis Bacon
Unsere Empfehlungen: Dresdner Autoren
Er galt als »König der Romantik«, brachte Deutschland mit seinen Übersetzungen Shakespeare und Cervantes nahe, war genialer Entdecker, Förderer, Vorleser - doch seine eigenen frühen Erzählungen, in denen er Wahnsinn, Raserei, Furcht und Schrecken literaturfähig macht, gilt es erst noch zu entdecken.
Schon als Junge war Tieck ein Bücherfresser par excellence. Und seine eigene Phantasie schlug wilde Volten. Der Fremde, Der Psycholog, Liebeszauber, Der Runenberg und ähnlich heißen seine frühen Geschichten, die freilich kaum jemand kennt. Ein großer Fehler, sagen Jörg Bong und Roland Borgards - und liefern zu Tiecks 250. Geburtstag eine brillante Auswahl davon. Sie erzählen zudem in kurzen Zwischentexten vom Genie ihres Erfinders.
Tiecks Erzählungen haben bis heute nichts von ihrer mitreißenden Intensität verloren. Denn sie haben es in sich: Tieck entwickelt darin Arten des Erzählens, die bis heute bestimmend geblieben sind, von der Literatur über das Kino bis zur Netflix-Serie, im Dreiklang von Comedy, Horror und Fantasy.
- Volker Sielaff
- Ovids Würfelspiel. Epigramme und andere kurze Gedichte
- Poetenladen 2023
- ISBN 978-3-948305-16-1
- € 19.00

Volker Sielaff gilt als ein literarischer Solitär, der mit hoher Konzentration an seiner Poetik einer Wiederverzauberung der Welt arbeitet. Nun legt er einen Band mit Epigrammen und anderen kurzen Gedichten vor. Das Epigramm weist eine lange Tradition auf. Ursprünglich als Inschrift für eine Weihegabe, ein Kunstwerk gedacht oder einem Gedenkstein aufgeprägt, entwickelte es sich noch in der griechischen Antike zu einer sehr kurzen, prägnanten Gedichtform, die auch Gefühlen und Gedanken des jeweiligen Autors Ausdruck zu geben vermochte. Volker Sielaff greift die Form variationsreich auf und führt sie mit großer Souveränität in die Gegenwart. Manche der Texte, die in der Natur Wahrgenommenes widerspiegeln, erinnern in ihrer Leichtigkeit an Tuschezeichnungen japanischer Provenienz. Der Autor lässt eine Affinität zu japanischer Philosophie und Dichtung anklingen, die in ihrer Reduktion und gleichzeitig wirkenden Sinnlichkeit der Epigrammatik nahestehen.
Drei Generationen zwischen Verantwortung und individueller Freiheit'Alles ist noch zu wenig' erzählt rasant und mit entwaffnender Menschenkenntnis von allgegenwärtigen Gräben zwischen Stadt und Land, Ost und West, Alt und Jung. Dabei geht es immer wieder um die Erwartungen, die wir an unsere Familie stellen - und den Widerwillen, selbst Verantwortung zu übernehmen.Weil seine Mutter Inge nach einem Sturz nicht mehr gut laufen kann, beschließt Carsten, mit seiner fünfzehnjährigen Tochter Lissa für ein paar Wochen zu Inge in die ostdeutsche Provinz zu fahren. In der Enge des Dorfes und im Alltag ihrer seltsamen Wohngemeinschaft kollidieren unterschiedliche Lebenserfahrungen und Vorstellungen. Wo zunächst nur Unverständnis herrscht, sind Großmutter, Sohn und Enkelin schließlich gezwungen, einander neu kennenzulernen. Denn eine gemeinsame Sprache sprechen sie seit Jahren nicht: Inge schmollt lieber, als um Hilfe zu bitten. Carsten schiebt Dienstreisen vor, um Reißaus nehmen zu können. Und Lissa fühlt sich allein mit ihren Ansichten von einer gerechteren Welt. In 'Alles ist noch zu wenig' schreibt Katja Schönherr federleicht und gleichzeitig beeindruckend feinsinnig von überzogenen Erwartungen, bissigem Schweigen und vorsichtiger Annäherung. Dabei umkreist sie eine Frage, die drängender nicht sein könnte: Was schulden wir unseren Nächsten - und was uns selbst?
August 2015: Fabian Hoffmann, der einstige Dissident, steht als Chronist in Diensten der »Tausendundeinenachtabteilung« von Treva. Hier, in den Labyrinthen eines unterirdischen Reichs, arbeitet die »Sicherheit« an Aktivitäten, zu denen einst auch die Wiedervereinigung zweier geteilter Staaten gehörte. In diese Welt ist Fabian einem ihrer Kapitäne, Deckname »Nemo«, gefolgt, um herauszufinden, wer seine Schwester und seine Eltern verraten hat. Zugleich ist Fabian mit einer Chronik befasst, die zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung erscheinen soll. Doch es kommt anders. Fabian gerät auf eine Reise, die ihn tief in die trevische Gesellschaft und ihre Utopien hineinführt.
Er analysiert Ordnungsvorstellungen und Prinzipien der Machtausübung, die Verflechtungen von Politik, Staatsapparat und Medien, beobachtet die Veränderungen im alltäglichen Leben. Immer mehr löst sich dabei seine Chronik von ihrem ursprünglich amtlichen Auftrag, streift zurück bis in das Dresden seiner Kindheit, in die stillstehende Zeit vor zwei Epochenjahren. Auf seiner Suche nach Ordnung und Sinn kämpft Fabian gegen die Windmühlen der Macht, die Fälschungen der Wirklichkeit, den Verlust aller Sicherheiten - und gibt doch den Traum von einer befreiten Zukunft nicht verloren.
Der Katalog Angela Hampel - Das künstlerische Werk erscheint anlässlich der gleichnamigen Ausstellung in der Städtischen Galerie Dresden. Er enthält mehr als 180 Abbildungen, zudem wissenschaftliche Texte zu den Werkbereichen: Malerei, Grafik, Installation, Performance, Künstlerbuch und Arbeit im öffentlichen Raum. Ein Rückblick auf ihre Rezeption in den 1980er-Jahren, eine Besprechung ihrer aktuellen künstlerischen Tätigkeit sowie eine umfassende illustrierte Biografie gewähren nie zuvor veröffentlichte Einsichten in das Leben und Schaffen von Angela Hampel.
Ihm hätte es genügt, in seinem Leben wenigstens einen Menschen glücklich gemacht zu haben. Nun sitzt er jeden Morgen vor seinem Haus, trinkt Kaffee und raucht. Seine Frau hat er durch einen Unfall verloren, seinen Job als Restaurator aufgegeben. Er möchte nur noch allein sein, nichts mehr tun, am besten an nichts mehr denken.Aber da ist dieser Rimböck, der es in seinem Leben zu etwas gebracht hat und der jeden Morgen pünktlich das Haus gegenüber verlässt. Bis er eines Tages ausbleibt und damit den Ich-Erzähler in Aufregung versetzt. Plötzlich fehlt etwas. Wie soll man in Ruhe an nichts denken, wenn etwas fehlt? Vielleicht ist es ja gar nicht möglich, dass einer allein vor seinem Haus sitzt, nur Kaffee trinkt und Zigaretten raucht.Und mit den Spekulationen um Rimböcks Verschwinden sind sie wieder da, die Erinnerungen an Katharina, die vom Flug der Flamingos träumte, bis ein LKW sie zu Boden riss. Dann lädt der Postbote auch noch ein Paket bei ihm ab, das - an Rimböck adressiert - aber irgendwie doch für ihn selbst bestimmt ist...Jens Wonneberger, der feine Beobachter, der mit seiner schnörkellosen Sprache eine außergewöhnliche Poesie erzeugt, zeigt sich in "Flug der Flamingos" einmal mehr auf der Höhe des Erzählens.
Der SPIEGEL-Bestseller - jetzt im Taschenbuch Norbert Paulini ist ein hochgeachteter Dresdner Antiquar, bei ihm finden Bücherliebhaber Schätze und Gleichgesinnte. Über 40 Jahre lang durchlebt er Höhen und Tiefen. Auch als sich die Zeiten ändern, die Kunden ausbleiben und das Internet ihm Konkurrenz macht, versucht er, seine Position zu behaupten. Doch plötzlich steht ein aufbrausender, unversöhnlicher Mensch vor uns, der beschuldigt wird, an fremdenfeindlichen Ausschreitungen beteiligt zu sein. Die Geschichte nimmt eine virtuose Volte: Ist Paulini eine tragische Figur oder ein Mörder?
Mit sicherem Sinn für die Komik im Kämpfen ums Glück erzählt Peter Richter von der Leere mitten im Hochsommer des Lebens.
Stefanie und Richard, Vera und Alec haben Berlin hinter sich gelassen, sie leben jetzt in New York und gönnen sich mit den Kindern einen langen August an den Stränden der Hamptons. Aber schon bald wissen sie nicht mehr, wie es weitergehen soll. Zwischen den luxuriösen Sommerhäusern auf Long Island zieht ein Mann seine Kreise, der den Superreichen inneres Wachstum verkaufen will. Dazu ist jedes Mittel recht, von den Sekreten exotischer Frösche bis zu mystischer Morgengymnastik. In Stefanie findet er eine enthusiastische Anhängerin - und das löst gleich mehrere Katastrophen aus. Peter Richter führt eine Gesellschaft vor, die selbst den Widerwillen gegenüber ihrer eigenen Gier noch zum Statussymbol ummünzt.
- Erich Kästner
- Das Blaue Buch. Geheimes Kriegstagebuch 1941 - 1945
- Atrium 2021
- ISBN 978-3-03882-026-0
- € 16.00

Erich Kästners geheimes Kriegstagebuch. Nachdem Erich Kästner von den Nazis als Autor verboten worden war, entschloss er sich, ein geheimes Tagebuch zu führen. Dazu griff er auf ein blau eingebundenes, unbeschriftetes Buch zurück, das er zwischen den anderen viertausend Bänden seiner Bibliothek versteckte. Von 1941 bis zum Kriegsende schrieb Kästner auf, was sich an der Front und in Berlin ereignete. Seine Aufzeichnungen aus einem zunehmend von Stromsperren und Bombenangriffen geprägten Alltag sind ein einzigartiges Zeitdokument und ein erschütternder Bericht aus dem Inneren des 'Dritten Reichs'.
In seinen vier Vorlesungen, die er als Lord Weidenfeld Lectures im Jahr 2019 in Oxford gehalten hat, setzt sich der Dichter Durs Grünbein mit einem Thema auseinander, das ihn seit jenem Augenblick beschäftigt hat, als er die eigene Position in der Geschichte seiner Nation, seiner Sprachgemeinschaft und seiner Familie als historisch wahrzunehmen begann: Wie kann es sein, dass DIE GESCHICHTE, seit Hegel und Marx ein Fetisch der Geisteswissenschaften, die individuelle Vorstellungskraft bis in die privaten Nischen, bis in den Spieltrieb der Dichtung hinein bestimmt? Will nicht anstelle dessen Poesie die Welt mit eigenen, souveränen Augen betrachten?In Form einer Collage oder »Photosynthese«, in Text und Bild, lässt Grünbein den fundamentalen Gegensatz zwischen dichterischer Freiheit und nahezu übermächtiger Geschichtsgebundenheit exemplarisch aufscheinen: Von der scheinbaren Kleinigkeit einer Briefmarke mit dem Porträt Adolf Hitlers bewegt er sich über das Phänomen der »Straßen des Führers«, also der Autobahnen, hinein in die Hölle des Luftkriegs. Am Schluss aber steht eine erste Erfahrung von Ohnmacht im Schreiben und die daraus erwachsende, bis heute gültige Erkenntnis: »Es gibt etwas jenseits der Literatur, das alles Schreiben in Frage stellt. Und es gibt die Literatur, die Geschichte in Fiktionen durchkreuzt.« Die renommierten Lord Weidenfeld Lectures sind seit 1993 einer der Höhepunkte im akademischen Jahr der Universität Oxford. Dazu eingeladen werden bedeutende Geisteswissenschaftler, Schriftsteller und Dichter. Zu den früheren Inhabern dieser Professur zählen George Steiner, Umberto Eco, Amos Oz und Mario Vargas Llosa.
- Klaus Funke
- Die Maske des Trajanus. Historischer Roman
- Books on Demand 2020
- ISBN 978-3-7534-0132-4
- € 13.99

Die Regierungszeit des römischen Kaisers Trajan von 98 bis 117 ist die Zeit der größten Ausdehnung des Reiches. Es dehnt sich von den Säulen des Herakles, Gibraltar, bis zum persischen Golf, von Britannien bis nach Syrien und von Nordafrika bis zum südlichen Kaukasus. Die Eroberung Dakiens, weite Teile des heutigen Rumänien, ist seine größte militärische Aktion. Am Einzelschicksal des Generals Longinus wird erzählt, was der Krieg damals bedeutet. In Gefangenschaft geraten, begeht er Selbstmord, um dem Kaiser die Offensive zu ermöglichen. Interessant sind die Positionen von Dichtern wie Tacitus, Suetonius und Plinius d.J. zur Politik des Kaisers. Es wird spannend und authentisch erzählt. Ein historischer Thriller. Das ist die Antike live.
- Eckehard Mayer
- wohnhaft in
- Stekovics 2020
- ISBN 978-3-89923-418-3
- € 14.80

„… male das Auge des Zyklopen, vier Mal, vier Mal in verschiedenen Farbkombinationen, vier Blätter ein Bild: das geschwungene Auge, darin die geometrischen, strengen Formen, suggestive Malerei. Ich habe sowas noch nicht gemacht, bin von mir selbst überrascht.“
Eckehard Mayer erzählt in seinem neuen Roman detailreich vom Leben eines Mannes für die Kunst, der im Alter seine Kreativität bedroht fühlt und um diese kämpft. Wie in einem Puzzle fügen sich Erinnerungen, Gegenwärtiges, Tagebuchnotizen, Briefe, Gedichte, Libretti, empathische Monologe über das Altern zum Lebenspanorama eines Komponisten und Autors. Im letzten Teil des Romans die Überraschung: Der namenlose Ich-Erzähler bricht auf zu einer Wanderung ohne Ziel. Der Roman endet als romantische Utopie. Fantasie und Fiktion auf der einen Seite, Lebenswirklichkeit auf der anderen ergänzen sich – und heben sich auf.
Wie wird ein aufrechter Büchermensch zum Reaktionär - oder zum Revoluzzer? Eine aufwühlende Geschichte über uns alle. Norbert Paulini ist ein hoch geachteter Dresdner Antiquar, bei ihm finden Bücherliebhaber Schätze und Gleichgesinnte. Über vierzig Jahre lang durchlebt er Höhen und Tiefen. Auch als sich die Zeiten ändern, die Kunden ausbleiben und das Internet ihm Konkurrenz macht, versucht er, seine Position zu behaupten. Doch plötzlich steht ein aufbrausender, unversöhnlicher Mensch vor uns, der beschuldigt wird, an fremdenfeindlichen Ausschreitungen beteiligt zu sein. Die Geschichte nimmt eine virtuose Volte: Ist Paulini eine tragische Figur oder ein Mörder? Auf fulminante Weise erzählt Ingo Schulze von unserem Land in diesen Tagen und zieht uns den Boden der Gewissheiten unter den Füßen weg.
Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020
Wie begegnet man seiner fremd gewordenen Herkunft? – Thilo Krauses eindringlicher Roman über unser Land und unsere Zeit
Ein junges Paar kehrt nach Jahren zurück ins Felsland der Sächsischen Schweiz. Der Wunsch, sich an den Kindheitsorten ein neues Leben aufzubauen, mündet in die Konfrontation mit der Herkunft, aber auch mit einer neuen Fremdheit. Der Erzähler erinnert sich: an den Schulfreund, der damals beim gemeinsamen Klettern sein Bein verlor. An den öffentlichen Tadel in der Schule beim sozialistischen Fahnenappell. Thilo Krauses erster Roman erzählt vom Versuch der Heimkehr in ein fremdgewordenes Land. Es gibt nicht nur Apfelbäume und Elbwiesen, es gibt auch das Sommercamp der Neonazis, und am Misstrauen des Dorfes droht auch das Paar zu scheitern. Ein intensiver Roman über unser Land und unsere Zeit.
(Verlagsinformation)
Thilo Krause, geboren 1977 in Dresden, lebt und arbeitet in Zürich. Seit 2005 veröffentlicht er literarische Texte in Zeitschriften (u.a. Akzente, Sinn und Form), Zeitungen (u.a. Die Zeit, Zürcher Tagesanzeiger) und Anthologien. Für seine Gedichte wurde Thilo Krause 2012 mit dem Schweizer Literaturpreis und 2016 mit dem Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg sowie dem ZKB Schillerpreis ausgezeichnet. Bei Hanser erschienen 2018 sein Gedichtband Was wir reden, wenn es gewittert, für den er den Peter Huchel-Preis erhielt, 2020 sein Roman Elbwärts, der mit dem Robert Walser Preis ausgezeichnet wurde.
Fünfzig Jahre sind vergangen, seit er als Kind mit seiner Familie nach Dresden gezogen ist, das er 1985 wieder verlassen hat. Nun kehrt Kurt Drawert als Stadtschreiber nach Dresden zurück, wo die Mutter lebt, eine Stadt, die ihm vertraut und doch ganz unvertraut ist. Er ist auf der Suche nach etwas, von dem nur er weiß, dass es ihm fehlt. Die Schönheit und die Wunden dieser Stadt, die Risse in der Familie und in der eigenen Biografie, das schwierige Verhältnis zum Vater und den Brüdern, die politisch aufgeladene Stimmung in Dresden, die offenen Fragen nach Tätern und Opfern, in der großen wie in der persönlichen Geschichte, und die Suche nach einer Sprache dafür, sind Themen und Motive in diesem dichten, autobiografischen Roman.
Mit Witz und Feingefühl, mit einem Gespür für die einschneidenden Augenblicke und prägenden Konflikte im Familienleben, einem scharfen Blick für das Detail, mit bissig-analytischem Verstand, unvergesslichen Erinnerungsbildern und großer Sprachkraft erzählt Kurt Drawert von Verwerfungen und Sehnsucht, Wünschen und Brüchen im eigenen Leben und ihrer Verortung in dieser Stadt.
(Verlagsinformation)
Wer sich auf die Gedichte von Dieter Krause einlässt, betritt doppelten Boden. Schon mit dem Eröffnungstext stellt sich das Gefühl ein, die dort tätigen Straßenarbeiter rissen das Erdreich nicht nur vor Ort auf, sondern bis Delphi. Es entsteht eine Ästhetik der Gleichzeitigkeit, in der Gegenwart und Vergangenheit aufgehoben sind. Die Gedichte machen erfahrbar, wie sehr unsere Existenz durchdrungen wird von unterschiedlichsten Schichten und Bedeutungsebenen. Dabei überwiegt ein erzählerischer Duktus, was den Autor zum Grenzgänger zwischen den Gattungen macht. In jeder Zeile ahnt man die stille Größe dieser Texte, in denen Dieter Krause virtuos mit Sprache umzugehen weiß und ihr dennoch skeptisch begegnet.
Es ist ein Verdienst dieses Autors, uns in die Katarakte aus Zeit und Raum zu führen und die Dinge neu zu bestimmen. Dabei entwickelt er ein großes Gespür für Zeitkolorit, das durchgängig in den Texten zu beobachten ist. Dieter Krauses Gedichte haben gleichsam eine Pranke, sie können schnell zuschlagen, mitten in unsere Alltagssinne und kleinen Alltagslügen hinein. Sie hinterlassen Fragen, schaffen Raum, verweisen ins Offene. Das ist ihre stille Größe.
Er hält sich abseits literarischer Moden und überrascht doch mit jedem Buch neu. "Wer nach so langer Zeit aus den Weiten der freien lyrischen Rede umkehrt zum End- und Binnenreim, hat Freiheiten genutzt, die unweigerlich zur Reife führen", schreibt Michael Braun über Volker Sielaff. Im Zentrum seines neuen Bandes steht der Zyklus "Mystische Aubergine" - ein Dokument unbändiger Lust an der poetischen Weltentdeckung; ein Vexierbild, wild und verrätselt; grundiert von einem modernen Odysseus-Mythos. Die Gedichte in "Barfuß vor Penelope" erinnern in ihrer Offenheit zuweilen an Else Lasker-Schüler oder Theodor Kramer und spannen nicht nur formell, sondern auch thematisch einen weiten Bogen: vom Rausch der bedingungslosen Liebe bis zu den Schrecken eines blutigen 20. Jahrhunderts.
Gibt es ein leichtes Sprechen, das nicht leichtfertig ist? Ein Sprechen, das Eifer und Zorn hinter sich lässt, ohne deshalb bequem zu werden? Ein Sprechen, das zu dem Überall von Information und Meinung ruhigere Seitenstücke bildet, Worte findet, mit denen Lebensfragen zu formulieren sind?
Ein Wanderer nimmt in Uwe Kolbes neuen Gedichten die Natur und den Himmel in sein Lied herein. Wie schon in seinen erfolgreichen "Psalmen" sind vor allem die gefiederten Begleiter allgegenwärtig: die Krähen und ihr Krakeel, die Amsel, ihr klagender Ton, der Bussard in seiner Höhe. Literarische Konvention verbindet sich dabei mit dem Wissen um das fragile Gleichgewicht des Planeten.
Fragil aber ist auch der Alltag von Ich und Du. Immer dann, wenn Uwe Kolbes Gedichte sich diesem Alltag nähern, werden sie dramatisch, und seine Verse müssen sich kraftvoll beim eigenen Zopf nehmen.
Buchpremiere in der Buchhandlung LeseZeichen am 3. April 2020, 20 Uhr
- Patrick Wilden
- Alte Karten von Flandern
- Lese-Zeichen e.V. Jena 2019
- ISBN 978-3-00-063941-8
- € 10.00

Im Dunkeln leuchtende Wörter, die Verheißungen alter Bücher und Landkarten, die letzten Geheimnisse einer von Google Maps kartierten Welt – all das findet in Patrick Wildens Debüt ganz selbstverständlich zusammen. Er nimmt uns mit auf Reisen entlang unsichtbarer Grenzen, spürt Verwandtschaften und vergessenen Bezeichnungen nach. Doch es ist Vorsicht geboten: Die Zuverlässigkeit der „Alten Karten von Flandern“ ist äußerst fragwürdig. Sie spielen mit unserer räumlichen Vorstellung, verbinden die entlegensten Gegenden miteinander oder verschweigen deren Existenz. Diese Gedichte durchstoßen die Oberfläche unserer Gegenwart.
(Verlagsinformation)
Dezember 1890. Vinzent Storch stellt in seinem kleinen Betrieb "Dresdner Pappen" her, Figuren aus Papier, die als Christbaumschmuck sehr beliebt sind. Heiligabend vormittags entdeckt er mit Schrecken eine Kiste, deren Lieferung versäumt wurde. Schnell macht er sich mit dem Pferdewagen auf, um die Ware noch vor dem Fest zu überbringen.
Unterwegs bittet ein Mädchen darum, mitgenommen zu werden. Storch lehnt ab. Dass Lisbeth heimlich auf seinen Wagen steigt, bemerkt er nicht. Doch als das Schneegestöber immer dichter wird, sind die beiden bald aufeinander angewiesen. Und mitten im kalten Winter geschieht ein wahres Weihnachtswunder.
Eine liebevoll illustrierte Geschichte, die den Erfolg von Ralf Günthers Bestseller "Das Weihnachtsmarktwunder" fortschreibt.
Ein Dorf, irgendwo im ehemaligen Osten, dreißig Jahre nach der Wende. Kramer, ein Bibliothekar Mitte fünfzig, ist soeben angekommen, um seine Tochter Justine zu besuchen. Seit Jahren ist das Verhältnis zwischen ihnen nicht das beste. Mit ihrem Mann hat Justine ein altes Haus gekauft, einen wunderschönen Obstgarten inklusive, wäre da nicht der abgestorbene Pflaumenbaum.
Auf dem Weg zum Haus, dort, wo einmal die Bandweberei gestanden hat, lässt sich Kramer von einem alten Kauz, Rottmann, in ein Gespräch verwickeln, das ihn sogleich tief in die Dorfgeschichte hineinzieht. Rottmann klagt über alles und jeden, auch bei ihren weiteren Begegnungen, nicht selten mit Argumenten, die Kramer von den Pegida Demonstrationen zu kennen glaubt. Dennoch beginnt er sich für das Leben des Alten und das Dorf zu interessieren. Beim Zuhören merkt er, wie wenig er von seiner Tochter und sie von ihm weiß. Durch Rottmann angeregt, fängt auch er an zu erzählen ...
"Mission Pflaumenbaum" ist Jens Wonnebergers bisher politischstes Buch. Es wäre freilich nicht Wonneberger, wenn die Worte nicht kostbar gewebt und von großer Poesie wären. Eine Dorfgeschichte der subtilsten Art!
- Andreas Altmann
- Weg zwischen wechselnden Feldern. Gedichte
- Poetenladen 2018
- ISBN 978-3-940691-92-7
- € 18.80

Andreas Altmanns Gedichtband "Weg zwischen wechselnden Feldern" lebt von der eindrücklichen Fülle poetischer Klänge und einer zwischen Magie und Melancholie schwebenden Bildhaftigkeit. Selten hat der 1963 geborene Lyriker die Elemente seiner Dichtung in eine prägnantere Struktur überführt. Es ist ein Plateau aus Feldern entstanden, die in wechselseitiger Beziehung zueinander stehen. Sie reichen von Wetterfeldern über Geisterfelder bis zu Marienfeldern und bilden die thematische Topographie des Bandes. - "Träume wildern in der Wirklichkeit", heißt es in einem der Gedichte. Umgekehrt gilt, dass die Wirklichkeit der Gedichte von so beklemmenden wie zauberhaften Träumen durchwoben ist und den Leser mit ihren Panoramen in den Bann zieht. Es ist die Faszination einer mit allen Sinnen erkundeten und wiedererkundbaren Welt, in der Kranichtänze und Schlafnarben, Pappelschnee und Wolfsspuren zu entdecken sind.
- Stadtluft Dresden 3. Das Bookzin zum Durchatmen
- Verlag der Kunst Dresden 2018
- ISBN 978-3-86530-248-9
- € 0.00

Dresden streitet, protestiert, lässt nachdenken und fordert Positionen. Diese Stadt lässt keinen kalt, aber wird oft kalt gestellt. Schriftstellerinnen und Schriftsteller wie Durs Grünbein, Thomas Rosenlöcher, Schauspielerinnen wie Cornelia Gröschel, Musikerinnen und Musiker wie Anna Mateur und Hans-Eckardt Wenzel erzählen in Stadtluft Dresden III" ihre Dresdner Geschichten.
"Stadtluft Dresden" ist eine seit 2016 jährlich im deutschsprachigen Buchhandel erscheinende Mischung aus Magazin und Buch, ein Bookzin, über jene Stadt, über die man sich sowohl im besten als auch im negativen Sinne immer wieder wundern kann. Die Herausgeber, der Fotograf Amac Garbe, der Grafiker Thomas Walther und der Journalist Peter Ufer, vereinen mit ihrer Publikation auf 154 Seiten Essays, Zeichnungen, Interviews, Porträts und Reportagen, die frischen Wind ins Dresdner Tal bringen.
Wir sind in Wurzen, einer kleinen Stadt bei Leipzig, Joachim Ringelnatz ist hier geboren, die Familie Wagner, deren Weg wir bis heute verfolgen, betreibt eine Schmiede, den Mittelpunkt eines Familienlebens, das Bernd Wagner zum Thema eines hinreißenden, eines bedeutenden Romans unserer Jahre macht. Wir erleben sein Aufwachsen, erfahren Vieles über kleinstädtische Verhältnisse, Intrigen und Zukunftspläne und werden erzählend in politische Händel einer Zeit und einer Haltung verstrickt, die wir längst überwunden glauben.
Es ist eine Welt, in der noch das Gaslicht brennt, der Kanonenofen bullert oder eine Fahrt mit der Eisenbahn einem Abenteuer gleicht. Aber das ergibt kein Bild der Idylle, kein nostalgisches Bild eines verschwundenen Landes, sondern wie deutsches Leben und Erleben in der Zeit des Entstehens zweier deutscher Staaten sich entwickelte, erfahren wir sinnlich und bisweilen derb direkt durch Bernd Wagners Roman, der auch ein Reigen schauriger Geschichten ist, wie sie das vergangene Jahrhundert überreich bereithielt.
Bernd Wagners Panorama deutschen Lebens im kleinen Wurzen wie im großen Leipzig ist ein faszinierendes Buch für unsere Zeit.
Haiku von Gabriele Seitz und Graphik von Rita Geißler
Die Haiku von Gabriele Seitz entstanden auf den provisorischen Pfaden des Moors, bei Wind und Wetter, in Licht und Düsternis, im Nebel und Sonnenschein. Sie beschreiben eine Natur im Zustand der Wildheit, des Wandels und der ständigen Vergängnis.
Die Moor-Grafiken von Rita Geißler entstanden vor Ort parallel zur dichterischen Arbeit von Gabriele Seitz.
Sie entsprechen in ihrem Wesen und imAusdruck der kargen und reduzierten Sprache des Kurzgedichts.
Licht ist das zentrale Thema von Rita Geißler, das für die Radierung wichtige Medium, fein ziseliertes magisches Licht mit einem Hauch Ewigkeit auf dem Ried. Viele Arbeiten entstanden am Wasser, vor allem aber am Moor.
Dieses Buch lädt auf eine poetische Wanderung durch die Natur ein und schenkt eine kostbare Stille, die von den beiden Künstlerinnen in wertvollen Augenblicken erfahren wurde und an ihre Leser weitergegeben werden möchte. (Heinz Weißflog)
- Undine Materni
- Wünschen und Wollen. Gedichte
- Tauland 2018
- ISBN 978-3-9814090-7-9
- € 10.00

"Was dabei fasziniert, sind die Momente von Sinnlichkeit in den Versen, die Schlusszeilen warten oft mit einer überraschenden Pointe auf. Im Sinne von Ingeborg Bachmann ist es Credo der Dichterin, nicht nur etwas äußerlich wahrzunehmen, sondern es zu begreifen.“
(Klappentext von Jayne-Ann Igel)
Ganz im ironischen Kontext seiner Novelle Kammermusik, legt Funke hier zwei Erzählungen vor, die die Tragik und Komik des Literaturgewerbes vergnüglich aufzeigen. Er scheut sich dabei nicht, die Sprachtonart Thomas Bernhardts aufzugreifen. Wie Bernhardt liebt Funke das scharfe Schwert der Ironie, um das Absurde der Literaturbranche zu beleuchten. In der ersten Erzählung geht es um einen Literaten, der über der Dichtkunst und den Dichtern den Verstand verliert. Im zweiten Text wird gezeigt, wie Verlage nach Gutsherrenart über die Dichter herrschen, wie Bestsellerautoren gemacht werden und wie überholt und moralisch verkommen eine ganze Branche erscheint. Ein Lesevergnügen ersten Ranges.
Thilo Krause beschäftigen die Dinge und Wörter des Alltags. In der Berührung mit scheinbar einfachen Befindlichkeiten tun sich unerwartete Räume auf, weisen hinaus über das, was sie im ersten Moment zu sein scheinen. Seine Gedichte sind Wahrnehmung und Konzentration, ein Meditieren beim Tun: beim Kochen, Spazieren oder Reisen. Bei aller Einfachheit der Worte sind Klang, Rhythmen und Bilder das, was aus der Beobachtung ein Gedicht macht: "Draußen blitzt es. / Drinnen hält sich träge der Sommer. / Dosen, Flaschen, Müll glimmen im Farn". Mit dem in der Schweiz lebenden Thilo Krause ist eine besondere Stimme für die deutschsprachige Literatur zu entdecken.
"Der Lyriker Thilo Krause holt die Dinge aus ihrer Alltäglichkeit - und bringt sie zum Leuchten." Raoul Schrott
- Eckehard Mayer
- Der Spaziergang / Nach Rosmersholm. Zwei Erzählungen
- Stekovics 2017
- ISBN 978-3-89923-387-2
- € 14.80

Zwei Männer mit Vergangenheiten als Künstler. Zwei, die kreativ geblieben sind, auch und erst recht jetzt im Alter. Reinfried Pedersen und Edwin Laurentius Krossmann haben sich ihre seismografischen Betrachtungsweisen zur Weltaneignung bewahrt. Sie sind Flaneure, die sich ihre Gedanken machen. Sie können nicht anders, als sich das Gesehene und Erlebte über die Parallelwelten und Echoräume der Kunst greifbar und begreiflich zu machen. So erinnern sie sich an ihre Leben als Geiger und als Komponist. Jetzt, wo es spät ist in ihren Leben, wagen sie noch einmal den Neu anfang. Diese atmosphärisch dichten und poetischen Erzählungen handeln von Aufbrüchen ins Ungewisse, von Trennungen und Plänen, vom Suchen und vom Ankommen und vor allem davon, wie zwei mit ihren Biografien im Rucksack zu Neuem unterwegs sind.
- Ingo Schulze
- Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst
- S. Fischer 2017
- ISBN 978-3-10-397204-7
- € 22.00

Vom Waisenkind zum Millionär - wie konnte das so schiefgehen?
Peter Holtz will das Glück für alle. Schon als Kind praktiziert er die Abschaffung des Geldes, erfindet den Punk aus dem Geist des Arbeiterliedes und bekehrt sich zum Christentum. Als CDU-Mitglied (Ost) kämpft er für eine christlich-kommunistische Demokratie. Doch er wundert sich: Der Lauf der Welt widerspricht aller Logik. Seine Selbstlosigkeit belohnt die Marktwirtschaft mit Reichtum. Hat er sich für das Falsche eingesetzt? Oder für das Richtige, aber auf dem falschen Weg? Und vor allem: Wie wird er das Geld mit Anstand wieder los? Peter Holtz nimmt die Verheißungen des Kapitalismus beim Wort.
Mit Witz und Poesie lässt Ingo Schulze eine Figur erstehen, wie es sie noch nicht gab, wie wir sie aber heute brauchen: in Zeiten, in denen die Welt sich auf den Kopf stellt.
An Dramatik nicht überbietbar, erst recht für einen Menschen der Sprache: Inmitten einer Kopfoperation wird der Patient aus der Narkose geweckt, und er muss - damit der Eingriff gelingt - um sein Leben reden. "Sprich oder stirb", heißt der unbedingte Befehl, Wachkraniotomie nennt es die Medizin.
Virtuos portraitiert Jens Wonneberger einen Mann der wenigen Worte, der sich nun dem Erinnerungsstrom hingibt. Von der Kopffolter langsam genesend und seinerseits das Krankenhauspersonal 'sezierend', erzählt Wonnebergers Patient einen humorvollen wie tiefsinnigen Roman lang von seiner grußlosen Flucht aus der Reisegesellschaft in die Berge und von seinem Absturz. Schien ihm der Grund seiner Flucht anfänglich klar, wird er im Lauf der Zeit immer fragwürdiger. Ist er vor seiner Frau Sabine geflüchtet, die die Reise arrangierte, um die Ehe zu retten? Vor den Bildungsbürgern auf Goethes Spuren oder vor Frau Röhrlich, die ihn mit Schreibaufträgen - zum Geldverdienen - bedrängte?
Von körperlicher Tätigkeit und äußerem Einfluss separiert, kreisen seine Gedanken immer wieder um Sabine oder - so sagt er sich - "Denke ich nur so oft an sie, um nicht an mich denken zu müssen?"
In Wonnebergers neuem Roman wird die Aufforderung zum Sprechen zu einer Metapher für die Lebensnotwendigkeit des Erzählens, für den Sinn von Literatur.
Hellerau, die Gartenstadt am Rande Dresdens, zu Beginn des 20. Jahrhunderts Station für Kafka, Rilke, Benn und viele andere, wird für Durs Grünbein zu einer Stätte von prägender Kraft für den eigenen Lebensweg. Von hier aus geht es hinein in das Jahrhundert: Die Schicksale der Vorfahren väter- und mütterlicherseits ebenso wie das ihm überlieferte Trauma der Zerstörung Dresdens sind Erzählungen, die tief in den Kreis seiner eigenen Erfahrungen eindringen. Über das atmosphärisch dichte Erlebnis der heimatlichen Brachen und der russischen Besatzung öffnet sich in dieser äußersten Ecke des östlichen Deutschland ein konkreter Raum des Erinnerns. So entsteht das Bild seiner Kindheit - am Rand der Geschichte in den langen Sommern des Kalten Krieges.
Freundschaften und frühes Leid, schulische Erfahrungen und erste Lektüren, Lieblingsspielzeuge, Träume, Phantasien und Phantasmen entfalten sich in einem farbenreichen Kaleidoskop aus autobiographischer Prosa, Poemen, Reflexionen und, nicht zuletzt, vielen Funden aus der reichen Bildersammlung des Dichters.
Endlich - nach sieben Jahren - ein neues Buch von Uwe Tellkamp.
Im Rahmen einer Vater-Sohn Beziehung schildert der Arzt Uwe Tellkamp Leben und Werk seines berühmten Dresdner Vorgängers Carl Gustav Carus : Mediziner, Schriftsteller, Maler und - vor allem - Naturphilospoph.
Der vielfach ausgezeichnete Buchgestalter Andreas Töpfer bettet die Erzählung ein in sein Dresdner Skizzenbuch.
Entstanden ist eine Liebeserklärung an alle Menschen, denen Kultur als Heimat und Schutzraum dient - besonders in Zeiten der Bedrängnis.
(Verlagsinformation)
Ist Literatur im exterministischen 20. Jahrhundert, in dem Tod ein Meister aus Deutschland geworden ist, noch möglich? Ist ihre Daseinsberechtigung entfallen, da nach Auschwitz jede kulturelle Produktion nur Ausdruck der Barbarei sein kann? Ist Literatur gerade wegen der Gräueltaten notwendig, gar unumgänglich? Welcher Verfahren hat sich solche Literatur zu bedienen? Diese Fragen verfolgt der Georg-Büchner-Preisträger des Jahres 2016 in seinen poetischen Untersuchungen und hat eine ebenso knappe wie weitreichende Antwort parat: durch Detailarbeit am Material der Realität wie der Literatur.
Marcel Beyer verfährt bei seinen Erkundungen des Status von Literatur nach dem Ausschlussprinzip: das Radio funktioniert als notwendigerweise eindimensionales Medium; das Kino tritt stets im Gewand der Inszenierung auf und ist bekanntlich genauso manipulierbar wie die Fotografie. Im selben Maße, wie die überlieferten Zeugnisse der Quellenkritik bedürfen, ist für die Dokusoap eine Kritik der in der Regel anmaßenden Zeitzeugen notwendig.
Weit entfernt von jeder Regelpoetik oder den Creative-Writing-Ratschlägen ist die poetische Bilanz, die analytisch, essaysistisch wie erzählerisch verfährt, von Marcel Beyer ernüchternd: eine Literatur ohne Reflexion auf deren Entstehung und zeitgenössischen Tendenzen ist nicht zu haben. Und ist für Marcel Beyer-Leser ermutigend: Dieser Autor beherrscht solche Forderungen der Vergangenheit und der Jetztzeit mit Nachdruck und dem notwendigen Spiel.
Eine Novelle wie ein flirrender Sommertag über eine unvergessliche Begegnung mit dem Maler Ernst Ludwig Kirchner und dem Künstlerkreis "Die Brücke".
1910. Die junge Clara Schimmelpfenninck wird wegen hysterischer Atemnot ins Dresdner Lahmann-Sanatorium auf dem "Weißen Hirschen" geschickt. Nach sechs Wochen ist sie symptomfrei, aber zu Tode gelangweilt. Da wird sie zu einem Ausflug ins nahe Moritzburg eingeladen. Im Sommerkleid streift sie durch die herrliche Schilflandschaft. Prompt wird sie von einem Mann mit fein geschnittenem Gesicht und energischer Stimme angesprochen. Ob sie sich nicht zu ihm, Kirchner, und seinen Freunden gesellen möge. Die Männer und Frauen picknicken dort, trinken Wein und arbeiten an ihren Staffeleien - in einer Art und Weise, wie Clara es noch nie erlebt hat. Und so verbringt sie einen unvergesslichen Sommertag in der Künstlerkolonie "Die Brücke".
- Andreas Német
- Das schrecklichste Monster der Welt. Ein Bilderbuch von Andreas Német und Hans-Christian Schmidt
- Moritz 2016
- ISBN 978-3-89565-326-1
- € 14.95

Dieses Bilderbuch könnte auch "Der große Spaß" heißen. Denn ein solcher ist es: interaktiv, lustvoll und zum Brüllen komisch!
Das schrecklichste Monster der Welt ist da!
Vor lauter Angst laufen alle schreiend davon! Aber nein, nicht alle: Wir tapferen Bilderbuchleser kennen keine Angst. Uns erschrecken Grimassen und abscheuliche Fratzen nicht! Das Monster gibt sich immer mehr Mühe, versucht es mit Überrumpeln und Verkleiden, ruft sogar noch andere Monster zu Hilfe ...
Doch auch das nutzt nichts: Wir haben keine Angst! Das Monster ist ratlos. Schließlich drehen wir den Spieß um: Wir erschrecken das Monster! Und nun ist klar, wer schreiend davonläuft! Dieses Bilderbuch ist ein großer Spaß, denn es bezieht seine kleinen Betrachter voll in die Handlung mit ein und macht sie schließlich zu Hauptakteuren.
Was sich die beiden Dresdener Bilderbuchmacher hier ausgedacht haben, sucht seinesgleichen!
- Peter Richter
- Dresden Revisited. Von einer Heimat, die einen nicht fortlässt
- Luchterhand 2016
- ISBN 978-3-630-87525-5
- € 18.00

Wie weit muss man weg gehen, um von seiner Herkunft nicht noch da eingeholt zu werden, wo man es am wenigsten vermutet? Wäre das heikle Wort Heimat der angemessenere Begriff? Oder wie soll man das nennen, wenn man sich ständig für eine Stadt rechtfertigen muss, in der man schon seit einem Vierteljahrhundert gar nicht mehr wohnt?
Peter Richter arbeitet als Kulturkorrespondent der Süddeutschen Zeitung in New York und wirft in seinem Essay "Dresden revisited" einen Blick zurück auf seine Geburtsstadt, aber auch auf Deutschland generell. Denn gerade im Rückspiegel zeigt sich, dass das Image einer Heimat, wie bei einem Vexierbild, in sein Gegenteil umschlagen kann. Dresden ist so gesehen eine einzige Kippkarte: Dem Selbstbild als beneidenswerte Symbiose von landschaftlicher Schönheit, Kunstsinn und international besetzten Forschungsinstituten steht vor allem im Westen der Ruf provinzlerhafter Traditionsversessenheit und einer fast schon notorischen Fremdenfeindlichkeit entgegen, und das nicht erst seit Pegida die Postkartenkulisse der Altstadt kapert. Was, wenn beides nicht falsch ist? Und was, wenn der Rest des Landes, selbst wenn er im Moment mit Dresden lieber nichts zu tun haben will, aus der Ferne gar nicht so viel anders wirkt?
Peter Richter schreibt aus einer Doppelperspektive. Er schaut seinen Landsleuten selbst noch vom New Yorker Schreibtisch aus in die aufgewühlte Seele. Gleichzeitig sieht er die Herausforderungen, vor denen Deutschland mit Flüchtlingskrise und Rechtspopulismus steht, bei seiner täglichen Arbeit im politisch heillos zerstrittenen Einwanderungsland USA oft schon vorausgespiegelt.
Ein Tagebuch kann vieles sein: Archiv, Versuchslabor, Ideenspeicher. Volker Sielaffs Journal passt in keine dieser Schubladen – und sein Schreibgrund ist wohl am ehesten mit dem vergleichbar, den Victor Klemperer einmal für seine Tagebücher formulierte: »Nur Leben sammeln. Immer sammeln. Eindrücke, Lektüre, Gesehenes, alles. Und nicht fragen, wozu und warum.«
Nach den gefeierten Lyrikbänden »Selbstporträt mit Zwerg« und »Glossar des Prinzen« legt Volker Sielaff erstmals eine Auswahl von Prosaaufzeichnungen aus zehn Jahren vor: unverstellte, berührende Notate vom Rand der Wahrnehmung. Sie berichten vom Glück des Lebens mit einem Kind, von Begegnungen, Streifzügen, Lektüren und Beobachtungen. Überall Welt!
(buchhandel.de)
- Günter Starke
- Offene Türen. Wohnen und Leben in der Dresdner Neustadt 1982 bis 1996
- Mitteldeutscher Verlag 2016
- ISBN 978-3-95462-732-5
- € 24.95

Günter Starke gilt als Chronist der Dresdner Neustadt. Seine Bilder des Stadtviertels aus den achtziger und neunziger Jahren zeigen Menschen, Innenräume, Fassaden, Hinterhöfe und mehr. Alle Aufnahmen vermittelten dabei ein Gefühl von "zu Hause". Denn der Fotograf und Mensch Günter Starke erweckt das Viertel zum Leben. Sein Blick fällt in die Mietshäuser, deren Wohnräume, Kinderzimmer, Treppenhäuser, verweilt davor, durchstreift die Straßen, begleitet die Leute auf dem Weg zum
Einkauf, in die Gaststätte ... So sind seine Aufnahmen nicht bloß reine Dokumentation,
sondern vielmehr ein "Sichtbar-Machen" der Lebens- und Wohnumstände eines ganzen Viertels und seiner Bewohner.
Der Dirigent E.F. Buch ist ein Jahr früher als notwendig in Pension gegangen. Das Theater wollte nicht mehr mit ihm und er nicht mehr mit dem Theater. Er versucht sein Leben neu zu ordnen und zieht in sein ersehntes Traumhaus jenseits der Stadt, wo er vom äußeren Leben abgeschnitten ist. Er ist mit seinem Alleinsein höchst zufrieden. Ein gespenstisches Walderlebnis wird zum Auslöser für einen Aufbruch. Später dirigiert er Opern und Konzerte vor einem imaginären Publikum und gibt Klavier abende, alles in seinem Zimmer. Beim Laufen lernt er Emíl kennen, der Forellen züchtet und sein Freund wird. Und er verliebt sich in Evelyn und wird von ihr geliebt. Viele Tage des Fernseins von ihr lösen sich mit wenigen Stunden leidenschaftlicher Nähe ab. Auf dem Höhepunkt des Glücks steuert alles in die Katastrophe: Das Scheitern scheint endgültig zu sein.
Eckehard Mayer, geboren 1946 in Hainsberg (heute Freital), ist Komponist, Dirigent und Pianist. Seit 2002 ist er auch schriftstellerisch tätig. Eckehard Mayer lebt und arbeitet in Dresden.
- Andreas Német
- Mama Huhn sucht ihr Ei. Ein Bilderbuch von Andreas Német und Hans-Christian Schmidt
- Oetinger 2015
- ISBN 978-3-7891-7178-9
- € 8.99

Überraschungs-Eier für Mama Huhn! Wo ist nur Mama Huhns Ei? Aus dem Ei, das sie beim Weiher entdeckt, schlüpft ein kleiner Reiher. Aus einem anderen ein Pinguin und aus dem nächsten sogar ein Krokodil! Bis Mama Huhn endlich das richtige Ei findet, gibt es einige Überraschungen. Das Schönste für die kleinen Betrachter: Mit dem Umblättern der Seiten helfen sie den Tierkindern beim Schlüpfen! Ein Pappbilderbuchbestseller für die Kleinsten, eine hinreißende Such.-und-Finde-Geschichte.
Andreas Német, geboren 1973 in Sömmerda. Nach seiner Ausbildung zum Porzellanmaler bei Meißen absolvierte er eine Tischlerlehre und ein Produktdesignstudium an der HTW Zwickau. Seit 2002 arbeitet Andreas Német als selbständiger Illustrator, Grafiker und Produktdesigner.
Vom 26. April bis 26. Oktober 2017 sind seine Kinderbuchillustrationen in der Buchhandlung LeseZeichen ausgestellt.
Ein Erinnerungsbogen aus Prosa, Poemen und Photographien, vom Jahrhundertwechsel 1900 bis zur Wende 1989
In einem Buch voller Geschichten, Verse und seltener Photographien zeigt sich Durs Grünbein von der autobiographischen Seite. Doch greift er weiter zurück, dorthin, wo das 20. Jahrhundert in frühen Konturen sichtbar wird. Von Hellerau, der Gartenstadt am Rande Dresdens, strahlt damals ein Lebensreformprogramm weit über die Grenzen eines Vororts hinaus: Sie wird Station für Kafka, Rilke, Benn und viele andere. Für Grünbein wird sie zum Ausgangspunkt, zu einer Stätte von prägender Kraft für den eigenen Lebensweg.
Von hier aus geht es weiter hinein in das Jahrhundert: Die Schicksale der Vorfahren väter- und mütterlicherseits, doch nicht weniger das ihm überlieferte Trauma der Zerstörung Dresdens sind schon Erzählungen, die tief in den Kreis seiner eigenen Erfahrungen eindringen. Über das atmosphärisch dichte Erlebnis der heimatlichen Brachen und der russischen Besatzung öffnet sich dann aber, in dieser äußersten Ecke des östlichen Deutschlands, ein konkreter Raum des Erinnerns: Und so entsteht das Bild seiner Kindheit - am Rand der Geschichte in den langen Sommern des Kalten Krieges.
Freundschaften und frühes Leid, schulische Erfahrungen und erste Lektüren, Lieblingsspielzeuge, (Berufs-)Träume, Phantasien und Phantasmen entfalten sich in einem farbenreichen Kaleidoskop aus autobiographischer Prosa, Poemen, Reflexionen und, nicht zuletzt, vielen Funden aus der reichen Bildersammlung des Dichters.
Durs Grünbein, 1962 in Dresden geboren, der u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnete Dichter und Essayist, gehört zu den bedeutendsten Autoren seiner Generation. Der Dialog mit den Naturwissenschaften und den Künsten ist von Anbeginn Thema seines Schreibens. Durs Grünbein befasst sich mit Fotografen wie Jeff Wall, William Eggleston oder Sternfeld, mit Künstlern wie Francis Bacon, Chardin, Cezanne, Ilya Kabakow, Hermann Nitsch u. a., er befragt sie nach ihrem Verhältnis zur Zeit, zum Körper und zur Geschichte. 2005 erhielt er den "Friedrich Hölderlin-Preis" und 2006 wurde Durs Grünbein mit dem "Pier Paolo Pasolino Preis", dem internationalen Lyrikerpreis, ausgezeichnet. Im Jahr 2012 wurde er mit dem Tomas-Tranströmer-Preis geehrt.
Robert, ein Mann um die dreißig, kehrt ins Dorf seiner Kindheit zurück, "irgendwo am Schienenstrang zwischen Neustadt und Himmelreich".
Die Mutter ist schon eine Weile tot, nun begraben sie Rudi, den Vater. Der war ein verschlossener Mann, dessen Vater einst nicht aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und für den Jungen ein Fremder geblieben war. Und Fremdheit und Schweigen sind auch, die Roberts Beziehung zu diesem Vater geprägt haben. Das Beredtste, was dem Sohn von Rudi bleibt, ist die Bastelarbeit auf dem Dachboden: das Dorf in Miniaturformat, mit der Eisenbahn, die in der Wirklichkeit hier nicht mehr hält.
Mit dieser zauberhaften Erfindung gelingt es Jens Wonneberger, die Beziehung zwischen Vater und Sohn, über der so viel Ungesagtes, Ungelöstes liegt, spielerisch zu poetisieren. Mit Lakonie bringt er dieses Museum der verlorenen Zeit sprachlich zum Klingen. Auch das Dorf jenseits der Familie bekommt seine Physiognomie. In meisterhaften Miniaturen haben die Absonderlichen ihren Auftritt, die auch die DDR nicht zu domestizieren vermochte: Schlendermax, der Dorftrottel, Birnstein, der Chrysanthemen- und Gurkenzüchter, oder Kretschel, der Kutscher, der einmal samt seinem Gespann in einem Schlammloch versank.
In "Himmelreich" errettet Jens Wonneberger sie alle in eine deutsche Prosa, die zum Besten gehört, was derzeit geschrieben wird.
Jens Wonneberger: Geboren 1960 in Großröhrsdorf. Seit 1992 ist er Schriftsteller und Literaturredakteur des Dresdner Stadtmagazins SAX. Zahlreiche Veröffentlichungen.
An dem Tag, als Johanna an die Bildschirme der Überwachungskameras eines Berliner Bahnhofs umgesetzt wird, beobachtet sie auf einem Bahnsteig ihren Mann André, der eine fremde Frau küsst. Johanna glaubt, durch den Anblick endgültig verrückt zu werden - wie ihre Großmutter. Sie befürchtete es schon immer, ihre Mutter Erika hatte es ihr vorausgesagt. Nun scheint es einzutreten. Michael G. Fritz antwortet auf seine Wahrnehmungen in Zeiten der Überwachung mit einem Roman über ein bitteres Familiengeheimnis, in dem er gekonnt und unterhaltsam mit der Wirklichkeit auf den Monitoren zu spielen weiß.
Michael G. Fritz, geboren 1953 in Dresden, lebt in Dresden und Berlin. Seit 1980 publiziert er in nationalen und internationalen Anthologien und Literaturzeitschriften.
Nach seinem vielgelobten Lyrik-Debüt, das mit dem Eidgenössischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, legt Thilo Krause nun seinen zweiten Gedichtband im poetenladen Verlag vor: "Um die Dinge ganz zu lassen". In der Auseinandersetzung mit dem eigenen Woher und Wohin entwirft er ein Album von Personen, Orten und Zeiten über Ländergrenzen hinweg. Scheinbar nebensächliche Alltagsbeobachtungen öffnen poetische Räume philosophischer Dimension, wobei die Mannigfaltigkeit der Bezüge von Basho über Wallace Stevens bis Seamus Heaney selbstverständlich mitschwingt. "Es sind Schlaglichter mit Tiefenperspektive, aber ohne Tremolo. Schlicht gesagt: Krauses Gedichte sind umwerfend schön und bestechend klug. Sie erzählen von den grossen Fragen, während sie aufs Kleine schauen", so die Literaturkommission Zürich, die den Autor für das Manuskript mit einem Werkjahr auszeichnete.Nach seinem vielgelobten Debüt, das mit dem Eidgenössischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, legt Thilo Krause nun seinen zweiten Gedichtband im poetenalden Verlag vor: Um die Dinge ganz zu lassen. Scheinbar nebensächliche Alltagsbeobachtungen öffnen poetische Räume philosophischer Dimension, wobei die Mannigfaltigkeit der Bezüge von Basho über Wallace Stevens bis Seamus Heaney selbstverständlich mitschwingt. "Schlicht gesagt: Krauses Gedichte sind umwerfend schön und bestechend klug", so die Literaturkommission Zürich.
Sie sind der letzte Jahrgang, der noch alles mitmachen darf - damals in Dresden vom Sommer vor der Wende bis zur Wiedervereinigung: die lauen Freibadnächte und die Ausweiskontrollen durch die "Flics" auf der "Rue", die Konzerte im FDJ-Jugendklub "X. Weltfestspiele" oder in der Kirche vom Plattenbaugebiet, wo ein Hippie, den sie "Kiste" nennen, weil er so dick ist, mit wachsamem Blick Suppe kocht für die Punks und ihre Pfarrerstöchter.
Sie sind die Letzten, die noch "vormilitärischen Unterricht" haben. Und sie sind die Ersten, die das dort Erlernte dann im Herbst 89 erst gegen die Staatsmacht anwenden. Und schließlich gegeneinander. Denn was bleibt dir denn, wenn du zum Fall der Mauer beiträgst, aber am nächsten Tag trotzdem eine Mathe-Arbeit schreiben musst, wenn deine Freundin eine gläubige Kommunistin ist und die Kumpels aus dem Freibad zu Neonazis werden?
Von der Unschuld des letzten Sommers im "Tal der Ahnungslosen" bis zu den Straßenschlachten rund um die deutsche Einheit: Peter Richter beschreibt in seinem autobiografischen Roman das chaotische Ende der DDR aus der Sicht eines damals Sechzehnjährigen - pointiert, authentisch und sprachlich brillant. Coming of Age im Schatten von Weltgeschichte.
Peter Richter wurde 1973 in Dresden geboren. Er studierte Kunstgeschichte in Hamburg und Madrid und arbeitet als Redakteur im Feuilleton der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Peter Richter lebt in Berlin.
Der Bogen ist weit gespannt: eine große formale und thematische Vielfalt trägt die Gedichte des neuen Buches von Volker Sielaff. Landschaften und Orte, philosophische Zahlengedichte, Liebesgedichte und surrealistische Imaginationen - ein großer Raum poetischer Möglichkeiten wird hier durchschritten. Phantasiefiguren und Realien treffen im "Glossar des Prinzen" aufeinander. Sielaff versichert sich zwar der Tradition, geht jedoch auch ins Offene, stets der eigenen Tonspur folgend. Seine Leser werden den Sielaff-Ton durchhören und viel Neues entdecken.
"Sielaff kann kein Kunstgewerbe, er wiederholt sich nicht in „Gelungenheiten“ und Geschicktem. In seinen dreizehn Liedern schlägt er wie noch nie gehört einen Kinderliederreime-Rhythmus an, der uns wiegt, der uns mit nichts betrügt. Und durch diesen Rhythmus drängen seine Motive: Sprache, Dichtung, Widerstand, die Alten Meister, Verschwendung, Truglosigkeit. Es ist erstaunlich, zu welch formaler Strenge Sielaff in seinen jüngeren Gedichten gefunden hat. Alexandriner, Binnenreime und Strophen, Strophen über Strophen. Aber in diesen Formen, aus diesen Formen heraus begegnet uns ein Dichter, der vielseitiger geworden ist: schelmisch, wütend, komisch, verspielt, komplex." Hauke Hückstedt
Zwischen Gedichten, Prosa und Philosophie bewegen sich die im Das Skelett des Moments abgedruckten Texte. Keiner Gattung zuzuordnen, hat Patrick Beck sie »Imaginäre Orte« getauft. Tomas Gärtner nannte sie in den Dresdner Neuesten Nachrichten »sehr feinsinnige Beobachtungen des Unsichtbaren«. Der Autor Michael G. Fritz schrieb, dass der Leser an Orte geführt werde, »die er noch nie gesehen, von denen er aber geahnt hat, dass es sie gibt, vielleicht auch nur in ihm selbst. Jede Begegnung mit diesen Orten ist deshalb auch eine Begegnung des Lesers mit sich selbst.«
- Michael Bartsch
- Dresden! Der Kinderstadtführer. Michael Bartsch & Tim Klinger
- Seume 2014
- ISBN 978-3-9814045-5-5
- € 17.90

Zehn amüsante und lehrreiche Touren durch Dresden
Das Brückenmännchen hat seinen Stammplatz an der Augustusbrücke verlassen und streift durch die Stadt. Es nimmt Euch auf zehn Touren mit in den Vergangenheit und Gegenwart Dresdens. Ihr erfahrt etwas über die ersten Siedler an der Elbe, August den Starken, tolle Erfindungen und von Glanz und Zerstörung der Stadt. Die Touren des Kinderstadtführers Dresden sind nach Themen und Interessen sortiert und verschieden lang. Mal ernster, mal witziger, und manches steht so nicht einmal in den Stadtführern für die Großen. Ausgezeichnete Wege, Dresden zu entdecken oder mit anderen Augen zu sehen.
(Verlagsinformation)
- Anton Launer
- Anton auf der Louise. 30 Geschichten aus 15 Jahren Neustadt-Geflüster
- Textwerkstatt Dresden 2014
- ISBN 9783000478673
- € 9.00

Die Dresdner Neustadt – für die einen ist es nur „Dreck und Verwahrlosung“ (so ein Dresdner CDU-Stadtrat im Herbst 2012) – für die anderen ist es das schönste Viertel der Welt, und Dresden ohne Neustadt wäre wie ein Leben ohne Liebe, so eine Leserin. Pressestimmen "Intimer Einblick in Dresdens Szeneviertel" - Dresdner Neueste Nachrichten "Ein irre launiger Erzähler" - Sächsische Zeitung "Sex-Geschichten und Leichenfunde" - Bild Dresden "Sex, wilde Nächte und eine Leiche" - Morgenpost Dresden Der Dresdner Journalist Jan Frintert beobachtet die Neustadt. Unter dem Pseudonym Anton Launer berichtet er seit 15 Jahren über das Viertel. Sein Neustadt-Geflüster hat sich in den vergangenen Jahren zu einem gut besuchten Online-Magazin mit rund 80 000 Lesern im Monat entwickelt. 30 seiner spannenden und unterhaltsamen Geschichten wurden für dieses Buch ausgewählt.
"Doch das fließende Grenzgebiet, Wirklichkeit, wo ist's?"
In der kompakten Form acht- und zwölfzeiliger Gedichte hatte Christian Lehnert seine "Pneumatologie" einer spirituellen Naturerfahrung zuletzt verdichtet (Aufkommender Atem, 2011), und mit derselben Form setzt er in seinem neuen, sechsten Gedichtband wieder an. Konsequent aber wächst die Form diesmal gegen die minimalistische Verdichtung auf, über Sonette hin zu dynamischen Zeilen und Strophen voll hexametrischer Rhythmen. Die Weitung der Form bedeutet zugleich eine Annäherung an größere Formationen der Wirklichkeit. Das Gedicht bewegt sich über die Erfahrung von Landschaft und Kulturnatur zielstrebig hinaus, arbeitet sich auf Schotter und Gleisen voran, passiert Transportmittel, Maschinenparks, Depots und Halden, durchquert Brachen und steuert durch Kanäle und Schleusen in Richtung eines vorerst imaginär bleibenden Stadtkerns. Wie die Mitte selbst aber erreichen? In einer Coda reißt Lehnert diese Frage mit drei Langgedichten zu drei Worten Martin Luthers als Sprachproblem auf: Dichtung als ein unablässiges Ringen um solche Worte und damit um den Zugang zur Mitte - ein unabschließbarer Versuch, doch ermutigt durch den festgegründeten Satz: "Solange ich Atem hole, ist Zeit."
Christian Lehnert, geboren 1969 in Dresden, studierte Religionswissenschaften, Orientalistik und Theologie. Nach dem Studium an der Hebräischen Universität in Jerusalem lebt er in Dresden und Berlin; 1995 erhielt er den Förderpreis zum Leonce- und Lena-Preis.
Endlich: Marcel Beyer legt einen neuen Gedichtband vor. Mit dem Titel ist der Hinweis auf die motivische Klammer gegeben: Materialität. Dinge, ob Blume, ob Feder, ob Scheiße oder Abendland, die sich bei den Kollegen aus allen Zeiten finden und neu integrieren lassen; die Körnung der unterschiedlichsten alltäglichen wie politischen Stimmen. Solche Mehrstimmigkeit ist für Marcel Beyer das einzig wirksame Gegengift gegen den ganzen monolithischen, den fanatischen, den faschistischen und chauvinistischen Schwachsinn in der Poesie und das Reden darüber.
Materialität als unterscheidendes Merkmal der anderen Künste, deren Echowirkung diese Gedichte einfangen: das von Photographien angeregte Schreiben, das Schreiben mit der Perspektive, dass ein entstehendes Gedicht von einer fremden Stimme vorgetragen werden wird, und dazu gesungen.
Ach Goethe! Auch er wäre heute nur ein gewöhnlicher Tourist und sein Arkadien vielleicht ein All-inclusive-Paradies. Von der Goetheallee einer Vorstadt führt Jens Wonnebergers neuer Roman auf eine italienische Reise, die nur noch wie ein Echo dessen wirkt, was Sehnsüchte anno Goethe einmal waren. Der Held des Buchs ist Schriftsteller in der Mitte seines Lebens und in einer veritablen Schreib- und Ehekrise. Wirklich schlimm wäre die Katastrophe allerdings erst, wenn Wonnebergers tragischer Dichter nicht auf so virtuose Weise von seinem Lebenselend erzählen würde. Da ist Frau Wohlgemuth, die beleibte Buchhändlerin mit dem hennaroten Haar, deren Laden von vollkommener Ignoranz gegenüber seinem Werk kündet. Da ist der Hausmeister Wehovsky, der im dringenden Verdacht steht, mit der Frau des Schriftstellers mehr als nur ein Dienstleistungsverhältnis zu haben. Und da ist Frau Hartmann mit dem Nazi-Großvater. Mit großer satirischer und zugleich zärtlicher Genauigkeit entwirft Jens Wonneberger ein Anti-Idyll der Krise. Er zeichnet einen ganzen Kosmos, bis die Figuren in all ihrer Menschlichkeit erkennbar sind und bis aus dem Tief ein neuer Anfang wird. Nach Wonnebergers vielfach gelobten Romanen Gegenüber brennt noch Licht und Sture Hunde ist auch Goetheallee ganz auf der Höhe des Erzählens.
Jens Wonneberger: Geboren 1960 in Großröhrsdorf. Seit 1992 ist er Schriftsteller und Literaturredakteur des Dresdner Stadtmagazins SAX. Zahlreiche Veröffentlichungen.
Mecklenburg im März. Für sieben Tage entflieht Georg Schlegel gestandener Komponist, Gedicht- und Tagebuchschreiber der Großstadt und den Verpflichtungen des Alltags. Seine Sehnsuchtsorte heißen nicht Paris, Rom oder Mallorca, sondern Klagow, Wesenberg, Stechlin, Rheinsberg. In ländlicher Abgeschiedenheit und Stille, bei vorfrühlingshaftem Wettergleichmaß widerfährt ihm Ungewöhnliches: Nähe zu Menschen und Natur, kreative Lust, Arbeitsintensität, aber auch ein sich Treibenlassen mit flüchtigen Gedankenspielen. Mayer erzählt von Georgs wirren Träumen, verschütteten Erinnerungen, schöpferischem Widerstehen. Ein Künstlerroman mit dem Blick für das Detail, abwechslungsreich, gegenwärtig, humorvoll, einfühlsam.
Eckehard Mayer, geboren 1946 in Hainsberg (heute Freital), ist Komponist, Dirigent und Pianist. Seit 2002 ist er auch schriftstellerisch tätig. Eckehard Mayer lebt und arbeitet in Dresden.
- Günter Starke
- Starkes Viertel III. Kalender 2014
- WDS Pertermann 2013
- ISBN 978-3-936104-70-7
- € 15.90

HO Miederwaren oder Gaststätte Hebeda´s, Nordbad oder Eisen-Feustel - viele Neustadt-Bewohner kennen Sie noch, die kleinen Geschäfte und besonderen Orte, die das Leben in diesem Dresdner Stadtteil vor der Wende prägten.
Der Dresdner Fotograf Günter Starke ist seit Jahrzehnten in der Äußern Neustadt zu Hause. Mit wachen Augen und großem Herzen hat er das Leben in seinem Stadtteil verfolgt und unzählige Details aus dem Alltag der Menschen mit der Kamera festgehalten.
(Verlagsinformation)
Der Fotograf Günter Starke wurde 1944 bei Dresden geboren. Seit 1979 fasziniert ihn die Äußere Neustadt Dresdens und er begann, sie zu fotografieren. Sein Interesse galt besonders den menschen und deren Lebensverhältnissen. Unter dem Motto " starkes Viertel" erzählt Günter Starke ein Stück Dresdner Geschichte zwischen 1979 und 1989.
- Klaus Funke
- Die Geistesbrüder. Karl May und Sascha Schneider. Roman einer Künstlerfreundschaft
- Husum 2013
- ISBN 978-3-89876-651-7
- € 19.95

Wir befinden uns in Dresden und Weimar zwischen 1903 und 1906. Die schicksalhafte Begegnung zwischen Karl May und dem Maler Sascha Schneider, einem der begabtesten Schüler Max Klingers, führt zu einer intensiven Freundschaft zweier Brüder im Geiste. An langen Abenden wird diskutiert: Politisches, Künstlerisches und Weltanschauliches. Das Buch ist eine Art Parabel auf den misslungenen Wandlungsversuch des Schriftstellers, der wie vieles in seinem Leben tragisch ausgeht. Es beschreibt die einmalige und äußerst fruchtbare Künstlerfreundschaft der beiden in jeder Hinsicht so unterschiedlichen Männer vor dem politischen und kulturhistorischen Hintergrund der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts.
Klaus Funke, geboren 1947, studierte nach seinem Abitur im Jahr 1965 Agrarwissenschaften. Obwohl er schon früh mit dem Schreiben begann, veröffentlichte er seine ersten Texte erst im Alter von 55 Jahren. Seitdem entstanden zahlreiche Romane, Erzählungen und Novellen. Als freiberuflicher Schriftsteller verfasst Funke aber ebenso Rezensionen, Feuilleton- und Theatertexte. 2006 erhielt er das Literaturstipendium des Freistaates Sachsens.
Klaus Funke lebt heute in seiner Heimatstadt Dresden, ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Pöppelmanns Elbbrücke, ein Wunder seiner Zeit, ist verschwunden, das Residenzschloss, an dem er jahrzehntelang arbeitete, wurde nie gebaut. Was sich erhielt, teils unzerstört, teils wiederaufgebaut, sind die Gehäuse der Lust, die Matthäus Daniel Pöppelmann für August den Starken schuf: ein vieltürmiges Jagdschloss, ein Sommerschloss am Fluß, ein Palais für die erste Maitresse, dazu der Bau, mit dem dieser Baumeister sich in die Kunstgeschichte einschrieb: der Zwinger, eine Festarchitektur, die dem, was man später abschätzig Barock nannte, die Krone einer sich in Gestaltenfülle verströmenden Daseinslust aufsetzte. Mit dem Rückhalt gebildeter Bauherrn wurde die Baukunst unter Pöppelmanns Händen zur Lebensfeier großen Stils, damals im Dienst einer hochprivilegierten Klasse, heute zur Freude aller. Wie kam es dazu? Friedrich Dieckmann ergründet es zum 350. Geburtstag des großen Architekten.
- André Kiesewalter
- Schöne Aussichten. Fotografien aus Dresden während der Wendezeit
- Kapielot 2012
- ISBN -
- € 19.50

Graue Häuserfassaden, dazwischen in Ruinen gewachsene Birken – ein bisschen Grün. Große Freude über jede rot-verblasste Tatra-Straßenbahn, die sich durch die Neustadt schlängelte. Farbigere Plätzchen boten da schon neu errichtete Menschencontainer auf der anderen Elbseite. Zur Freude der Statdbewohner, die sich nichts sehnlicher wünschten, als in selbige einzuziehen …
Kiesewalter fotografierte Dresden wie es damals war.
Nicht den Zwinger, nicht die Semperoper, sondern eine Stadt im Umbruch. Eine Stadt, die bereits Abstellraum und noch Wohnraum war. Diese Bilder sollten zeigen, unter welchen Bedingungen die Dresdner in ihrer Neustadt im eigenen Mikrokosmos lebten.
Es ist kaum vorstellbar, dass seit den Aufnahmen erst 20 Jahre vergangen sind. Es scheinen Generationen dazwischen zu liegen.
Kerstin Beckers sind poetische Brenngläser, die ins Innere zeigen, in ein verdrehtes, modernes Leben.
Kerstin Becker, geboren 1969 in Blumenberg (Saale), schreibt Gedichte, Prosa und Kindertexte. Sie lebt in Dresden.
Mit seiner Arbeit an dem Buch "Der Bericht" (Projekte Verlag Halle) hat Erich Sobeslavsky schon vor 1989 begonnen. Ein erster Teil erschien 2004 im Verlag Die Scheune Dresden. Nun liegt das gesamte Werk erstmals in einem Band vor. Kontinuität und Diskontinuität bestimmen diesen weitgespannten Text ebenso wie die Biografie des Verfassers und der Menschen, die er zu kennen glaubt. Es geht um einen Emigranten, dessen fraglich bleibende Teilnahme an der Ermordung Horst Wessels im Jahre 1930 und die Emigrantenzeit in der Sowjetunion. Aber vor allem geht es um das Leben im Osten Deutschlands vor und nach dem Fall der Berliner Mauer und darum, wie Politisches und Privates sich gegenseitig durchdringen.
Erich Sobeslavsky, 1942 in Ostrava geboren, wuchs in Lauchhammer auf und lebt heute in Dresden. Der promovierte Physiker arbeitete u.a. am Zentralinstitut für Kernforschung in Rossendorf auf dem Gebiet der Theoretischen Physik und am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Dresden. Zuletzt erschienen von ihm der Gedichtband "Doch sprich nicht von Rom" und die "Tauschaer Elegien".
Thilo Krause legt mit "Und das ist alles genug" sein Debüt in der Reihe Neue Lyrik (Kulturstiftung des Freistaates Sachsen) vor. "Still, unaufgeregt sind die Gedichte von Thilo Krause dem Alltag auf der Spur", so schrieb Raoul Schrott. Es sind Texte, die sich ohne viel Gepäck auf den Weg machen, Geschichten in Verlangsamung, genauso schnörkellos wie überraschend. Thilo Krause genügt es, sich an die alltäglichen Dinge zu halten, sie heraufzuholen und leuchten zu lassen. In Thilo Krauses Gedichten finden sich Naturerleben und Landschaften gespiegelt, die wiederum den Resonanzraum für Reflexionen und Erinnerungen bilden.Mit "Und das ist alles genug" legt Thilo Krause sein Debüt in der Reihe Neue Lyrik (Kulturstiftung des Freistaates Sachsen) vor. "Still, unaufgeregt sind die Gedichte von Thilo Krause dem Alltag auf der Spur", so schrieb Raoul Schrott. Es sind Texte, die sich ohne viel Gepäck auf den Weg machen, Thilo Krause genügt es, sich an die alltäglichen Dinge zu halten, sie heraufzuholen und leuchten zu lassen.
Die Kindheit ist eine notwendige Bedingung des Staunens. Ist sie erst vorüber, fällt es schwer, sich der Routine des Alltags zu entziehen. In den Gedichten Thomas Rosenlöchers, die in diesem Band versammelt sind, gelingt dies, in jenen aus den Jahren 1988- 1996 wie in den neuen Gedichten. Immer wieder steht die Zeit für einen Moment still, dehnt der Augenblick des Staunens gegen das Alltägliche sich zur Ewigkeit, ob beim Lauschen eines "Allegro Confusio" oder im Schein des Amsterdamer Rotlichts. Vielleicht ja deshalb, weil uns die Kindheit nie ganz verloren geht.
Eines Morgens, in einer ihm "selber nicht ganz klaren Anwandlung", fährt Marcel Beyer an den Stadtrand von Dresden, um dort einen Briefkasten noch einmal zu sehen, nicht irgendeinen, sondern den Wladimir Putins, der in den achtziger Jahren hier lebte. Er findet ihn nicht mehr vor. Aber was Beyer auf seiner Spurensuche wahrnimmt und aufschreibt, entwickelt sich unterderhand zu einem Kurzporträt Putins, das erhellender ist als jede dickleibige politische Biographie. Was immer Beyer in seinen Erzählungen und Skizzen in den Blick nimmt - seien es Blumen oberhalb des Genfer Sees, eine von Rimbaud aufgegebene Kleinanzeige, ein einäugiger Löwe im Dresdner Zoo, von Dostojewski zum Brüllen gebracht, ein kleinformatiges Gemälde von Gerhard Richter oder Lessings Ofenschirm in Wolfenbüttel -, stets entzünden sich an konkreten Phänomenen seine Überlegungen zu Sprache, Kultur und politischer Geographie.
Putins Briefkasten, Marcel Beyers Sammlung seiner bisher unveröffentlichten Erzählungen und Denkbilder, ist ein Buch über Wahrnehmung, Stil, über das Hören und Schreiben. Und wir werden, während wir diese Abfolge einzelner Momente und Bewegungen staunend lesen, so ganz nebenbei zu blitzartigen, überraschenden Einsichten geführt.
- Ingo Schulze
- Unsere schönen neuen Kleider. Gegen eine marktkonforme Demokratie - für demokratiekonforme Märkte
- Hanser Berlin 2012
- ISBN 978-3-446-24091-9
- € 10.00

"Der Westen in seiner real existierenden Form besaß nach seinem eigenen offiziellen Selbstverständnis keinen Gegenentwurf mehr, wir waren in einer alternativlosen Welt angekommen. Demokratie, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Wohlstand schien es nur in einer Marktwirtschaft geben zu können, in der es Privateigentum an Produktionsmitteln gab. ... Aus einer Welt ohne Alternative leitet sich eine Politik ab, die den logischen Unsinn von 'alternativlosen Entscheidungen' propagieren darf."
Ingo Schulze: 1995, mit 32 Jahren debütierte der Dresdener Akademiker-Sohn - sein Vater ist Physiker, seine Mutter Ärztin - mit dem Buch: "33 Augenblicke des Glücks" und wurde gleich mehrfach dafür ausgezeichnet. Seine "Simple Storys" machten Ingo Schulze 1998 über Nacht berühmt und die Short Story zu einem auch in Deutschland gekonnten Genre. Für den Erzählband "Handy" bekam er 2007 den Leipziger Buchpreis. Mit dem Roman "Adam & Evelyn" setzte Ingo Schulze 2008 seine Reihe der Geschichten rund um den Fall der Mauer fort und erwies sich einmal mehr als ein "herausragender Chronist des wiedervereinigten Deuschland", wie die Mainzer Jury ihm bescheinigte.
(Quelle: Bayerischer Rundfunk)
- Paul Friedrich Pfund
- Bei Pfunds war die Milch weißer
- Pfund 2012
- ISBN 978-3-00-038415-8
- € 39.00

- Gabriele Kalmbach
- 111 Orte in Dresden, die man gesehen haben muss
- Emons 2012
- ISBN 978-3-89705-909-2
- € 14.95

Es ist nur dieser kleine Ausschnitt im Hof/ ein Stück Aussicht, die ich habe von meinem/ Fenster ... Volker Sielaff ist ein bescheiden auftretender Dichter der leisen Töne. Dagegen aber steht das ungewöhnlich vielstimmige Konzert der Lobeshymnen, das seinen Debütband "Postkarte für Nofretete" begleitet hat: Welt, Süddeutsche, taz, Frankfurter Rundschau, von Michael Braun bis Joachim Sartorius, man feierte einstimmig den Dichter des "Verschwindens im Bild". In der luxbooks.lyrik erscheint nun der lang erwartete zweite Band Sielaffs.
Volker Sielaff (Jg. 1966) wurde in Großröhrsdorf geboren. Seine Gedichte sind in zahlreichen Zeitschriften und in einflussreichen Anthologien wie Lyrik von Jetzt I erschienen und vielfach übersetzt. Sein erster Gedichtband "Postkarte für Nofretete" erschien 2003. 2007 wurde ihm der Lessing-Preis verliehen. Seine Rezensionen und Porträts erscheinen im Tagesspiegel und den Dresdner Neuesten Nachrichten. Sielaff lebt mit seiner Familie in Dresden, wo das von ihm mitbegründete Literaturforum Dresden regelmäßig Lyriklesungen organisiert.
Martin Rohrbach kehrt nach Jahren zurück ins Windmühlenhaus. Dort, in der Nähe des Dorfes allein auf einem Hügel, hat sein Vater gewohnt bis zu seinem Tod. Nur kurz will Martin bleiben, den Vater beerdigen, das Nötigste erledigen und danach nichts wie weg. Doch plötzlich fragt er sich, was es mit der Freundschaft seines Vaters zum alten Lindner auf sich hatte. Warum haben die beiden so lang um diesen unscheinbaren Streifen Land gerungen, der das Windmühlenhaus umgibt? Und was ist aus Martins Jugendgefährten geworden, was aus seinen Rivalen? Alte Freundschaften und Begehrlichkeiten, ein verborgener Schatz und ein nie verjährter Verrat halten ihn zurück in dieser flirrenden Sommerlandschaft, die bei aller Schönheit zum Idyll nicht taugt: Zu weit weg ist das Meer, zu nah die Autobahn, zu weit weg die Arbeit und viel zu nah eine lang geliebte Frau. In kräftigen Farben und zarten Tönen erzählt Jens Wonneberger davon, wie Menschen aufeinander treffen und alles auf eine Karte setzen, um das zu erreichen, was ihnen das Glück bedeutet.
- Axel Helbig (Hrsg.)
- Es gibt eine andere Welt – Neue Gedichte. Eine Anthologie aus Sachsen. Andreas Altmann / Axel Helbig (Hrsg.)
- Poetenladen 2011
- ISBN 978-3-940691-23-1
- € 24.80

Sachsen – ein Land der Dichter. Das ist immer wieder zu hören oder zu lesen. Mit der vorliegenden Anthologie haben die Herausgeber versucht, dieser begründeten Vermutung nachzugehen. Dabei ist ein gleichermaßen lesbares wie umfassendes Gedichtbuch entstanden, das die Qualität eines Standardwerks besitzt. Es bekennt sich zu seiner literarischen Verortung in Sachsen und zeigt zugleich ein überregionales dichterisches Panorama auf. Der Leser mag staunen, wie viele Dichter ihm hier begegnen, die die deutschsprachige Gegenwartsdichtung schlechthin präsentieren.
„Was das Unverwechselbare dieser Anthologie auszeichnet: dass sich plebejische Haltung und höchster Kunstanspruch, Geschichtsbewusstsein und Aufmerksamkeit für Lebensmomente, pure Sinnlichkeit und philosophisches Zweifeln, melancholische Ironie und visionäres Trotzdem im Gedicht verbünden können.“ (Aus dem Nachwort von Peter Geist)
- Undine Materni
- Das abwesende Haus meines Vaters. Ein unruhiges Familienbild
- Projekte-Verlag Cornelius 2011
- ISBN 978-3-86237-681-0
- € 9.80

Bildhaft und ausdrucksstark schildert die Autorin in diesem Buch Episoden aus der Geschichte einer Familie. Durch Erzählungen und Gedichte lässt sie den Leser an dem Leben der einzelnen Personen teilhaben. Da hat eine Frau mit Ende Fünfzig nach zwei gescheiterten Ehen schon lange mit ihrem Leben abgeschlossen. Verschanzt hinter ihrer Kissenburg hat sie sich Bett und Küche zu ihrem Lebensmittelpunkt gewählt. Ihre Eltern, die Mutter gutmütig und alle umsorgend, der Vater, gezeichnet vom Krieg; ihre Töchter, beide hochintelligent und schon lange weggezogen, sowie ihr Enkelsohn kommen, jeder mit eigener Sichtweise, zu Wort.
- Patrick Beck
- Ich habe ein Haus aus Licht gebaut. Imaginäre Orte
- Leipziger Literaturverlag 2010
- ISBN 978-3-86660-095-9
- € 12.95

Patrick Beck, geb. 1975 in Zwickau, lebt nach Aufenthalten in Leipzig, Speyer und London in Dresden
"Das Buch entführt den Leser an Orte, die er noch nie gesehen, von denen er aber geahnt hat, dass es sie gibt, vielleicht auch nur in ihm selbst. Jede Begegnung mit diesen Orten ist deshalb auch eine Begegnung des Lesers mit sich selbst. Patrick Becks lyrische Prosa verfolgt keine Fabel, sondern ist mit Spurensuche wohl am besten beschrieben, für die er unverbrauchte Bilder findet. "
Michael G. Fritz, Städtische Bibliotheken Dresden
"Sehr feinsinnige Beobachtungen des Unsichtbaren..."
Tomas Gärtner, Dresdner Neueste Nachrichten, 29. 9. 2010
"Ein wichtiges Thema, das auf die Hörspielbühne gehört."
Li Lien, SAX - Das Dresdner Stadtmagazin, Heft 11/08
Rezension:
Ein Haus, ein Traum, ein Sturm
(Verlagsinformation)
Das Prosadebüt des Dresdners Patrick Beck
von Volker Sielaff, Tagesspiegel vom 09.04.2011
Nach dem grandiosen Erfolg seines Beststellers Der Turm führt Uwe Tellkamp uns erneut in seine Heimatstadt Dresden. Auf den Stationen dieser Reise erwartet uns eine Fülle von Geschichten, die sich zu einem einzigartigen Roman der Stadt zusammenfügen. Wir begegnen der Klavierlehrerin Adolzaide und dem Vorsitzenden der Quittengesellschaft, hören Gesprächen über die Frauenkirche, Dresdner Maler und Architektur zu, besuchen den Jungen, dem in einem Johannstädter Plattenbau eine Tube Schuhcreme zum Gleichnis für den Traum vom Meer wurde. Dresden ist ein Stück Italien, und eine Laufmaschenreparatur ist in Wahrheit eine Filiale des Amts zur Wiederherstellung der Schönheit. In der Bunten Republik Neustadt lebt Q., die Brombeeren und die Zahl 19 liebt. Zwergpudel Caligula, der die Dame mit Hut Gassi führt, gelangt nur bis zum linken Vorderreifen des Autos vom Koch.
Die Schwebebahn wird zum Bild des Lebens in seiner sinnlichen Vielfalt, poetisch, humorbegabt. Mit den Aufzeichnungen eines Rüsselkäfers.
Ein älterer Herr aus der ersten Reihe hat zu mir gestarrt mit seinem Konzertbesucherblick, dieser Mischung aus Neugier und Herablassung, aus Neid und Intoleranz, mit dem sie einen immer anblicken, diese Konzertbesucher, besonders diejenigen aus Dresden, die den ekelhaftesten Konzertbesucherblick überhaupt haben, diesen Kapellenblick, abgeleitet von der Hofkapelle, der sie sich wie Sektenmitglieder verpflichtet fühlen und alle Fremden mit eisiger Abwehr betrachten. Die letzten feierlichen Augenblicke vor dem Konzert. Augenblicke, bei denen alles zu schweben scheint und die Zeit still steht. Aber die Zeit ist nicht stehen geblieben, besonders bei diesem Konzert nicht, besonders für den Erzähler und seine Schwester nicht. Der weltberühmte Pianist Stefan Bosel ist nach Dresden zurückgekehrt und in seinem Publikum, zu seinen Füßen, erlebt der Erzähler seine mit Bosel verbrachte Jugendzeit aufs Neue, eine Zeit, die angefüllt war mit Musik, mit Freundschaft, mit Liebe und Neid, mit glänzenden Erfolgen und elendem Versagen, diese Zeit in Dresden, dessen Bewohner sich ihres Musikverständnisses, ihrer Liebe zur Kunst, ihrer Feingeistigkeit rühmen. Doch dann, nach dem Konzert, endet das Wiedersehen der ehemaligen Freunde in einem wilden Finale furioso mit einer wütenden Abrechnung, bei der keiner, das Dresdener Publikum ebensowenig wie die Musiker oder die Kunststadt selbst ungeschoren bleibt. Voller Sarkasmus und beisender Ironie, doch mit gleichsam dahinschmelzender Einfühlung in alles wahrhaft Musikalische liefert der Dresdner Autor Klaus Funke mit seiner Novelle "Kammermusik" ein Kabinettstück monologisierender Erzählkunst.
Funke kratzt am Lack der Kunststadt, aber mit welchem Charme er das macht! Seine beißende Ironie entspringt einer leidenschaftlichen Liebe zur Musik, der gesamte Text wirkt einem musikalischen Muster folgend, komponiert und rhythmisch, das Hintergrundwissen ist fundiert und wohltuend beiläufig eingeflochten. (Sächsische Zeitung)
- Günther Starke
- Starkes Viertel - Das Buch
- WDS Pertermann 2010
- ISBN 978-3-936104-67-7
- € 24.90

HO Miederwaren oder Gaststätte Hebeda´s, Nordbad oder Eisen-Feustel - viele Neustadt-Bewohner kennen Sie noch, die kleinen Geschäfte und besonderen Orte, die das Leben in diesem Dresdner Stadtteil vor der Wende prägten.
Der Dresdner Fotograf Günter Starke ist seit Jahrzehnten in der Äußern Neustadt zu Hause. Mit wachen Augen und großem Herzen hat er das Leben in seinem Stadtteil verfolgt und unzählige Details aus dem Alltag der Menschen mit der Kamera festgehalten.
(Verlagsinformation zum Kalender 2014)
Der Fotograf Günter Starke wurde 1944 bei Dresden geboren. Seit 1979 fasziniert ihn die Äußere Neustadt Dresdens und er begann, sie zu fotografieren. Sein Interesse galt besonders den menschen und deren Lebensverhältnissen. Unter dem Motto " starkes Viertel" erzählt Günter Starke ein Stück Dresdner Geschichte zwischen 1979 und 1989.
Steht ihnen das grüne Kleid? Hatten Sie es wirklich eilig vor der rot leuchtenden Ampel? Welche Farbe verbinden Sie mit dem Wort „Stille“? Farben gehören zu den unmittelbaren persönlichen Erfahrungen. Gleichzeitig entziehen sie sich am äußersten Rand ihrer Mitteilbarkeit und sind in unserer Lebenswelt doch Kommunikationsmittel. Eng an Gefühle geknüpft, sind Farbtöne Binde-glieder zwischen den Künsten. In den Nuancen wirken sie als Licht, ohne das wir nicht lebensfähig wären. Farben, die uns im Spektrum in bestimmten Wellenlängen begegnen, Zeugen unserer Vergangenheit, die sich mit physikalischen Mitteln nur bedingt beschreiben lassen. Sprache mit Licht und Farbe zu sehen, Worträumen andere Dimensionen zu geben als Ort und Zeit, welche Form würde sich besser eignen als Poesie?
- Peter Biele
- Aus dem Eckhaus
- Goldenbogen 2010
- ISBN 978-3-932434-29-7
- € 19.90

Das Eckhaus ist Mittelpunkt der Welt. Zwei Straßen kreuzen sich; die eine schwingt von Hang zu Hang, die andere führt auf der Talsohle hin. Und alle Wege aus der Ferne führen darauf zu. Die bunte Karte des Großvaterladens beweist es: Die Karawane zieht durch die Wüste; ihr Ziel: Die Firma Theodor Lommatzsch. In diesem Eckhaus, unten im Grunde, wächst Andreas, das Einzelkind, auf; ein Träumer mit enger Brust, behütet vor den Gassenkindern, mit Einblick in die Erwachsenenwelt. – Das Haus hat zwei Fronten: Die eine ist dem »Preußischen Viertel« zugekehrt, die andere den engeren Straßen. Einzelne Begegnungen weisen schon aus dem Tal hinaus.
- Hubertus Giebe
- Der geschliffene Elfenbeinturm
- Leipziger Literaturverlag 2010
- ISBN 978-3-86660-096-6
- € 16.95

Giebe preist in seinen Essays jene wahrhaftigen Maler, deren Werke ihn angetrieben haben – Pablo Picasso, Oskar Kokoschka, Max Beckmann und Bernhard Heisig. Zum Dank brennt er intellektuelle Feuerwerke für diese Großen ab. Aber er redet nicht, um seine Bilder zu erklären, er zerredet nichts. Analytische Hilfestellungen für eine Entschlüsselung seiner Bilder sind aus den hier vorgelegten Texten nicht zu erwarten. Weit stärker treibt ihn etwas anderes zum öffentlichen Reden und Schreiben. Giebe zeigt sich provoziert vom geistigen Absturz des Kunstmarktes. Er versucht, die Ursachen für diesen absurden Crash aufzudecken. Er versucht, die Marktmechanismen der erfolgreichen Jubelinszenierung des postpostmodernen Kunstkitsches zu begreifen und begreiflich zu machen. Der theoretische Kunst-Megadiskurs, sagt Giebe, schwanke zwischen Trivialisierung und Heiligsprechung, zwischen bizarr verstiegenen Theorien des Absoluten und scheinheiliger Naivität. (Leipziger Literaturverlag)
Hubertus Giebe: geboren 1953 in Dohna, Studium der Malerei und Grafik, externes Diplom an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Meisterschüler bei Bernhard Heisig, Leitung des künstlerischen Grundlagenstudiums an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Rede auf der Demonstration der Dresdner Künstlerverbände für Meinungsfreiheit, Demokratie und politischen Wandel am 19. November in Dresden, Kündigung des Lehrverhältnisses, Wiederbeginn der freischaffenden Tätigkeit, zahlreiche Ausstellungen in In- und Ausland.
- Olaf Schubert
- Wie ich die Welt retten würde, wenn ich Zeit dafür hätte
- Fischer TB 2010
- ISBN 978-3-596-18605-1
- € 9.95

- Thomas Rosenlöcher
- Die verkauften Pflastersteine. Dresdner Tagebuch
- Suhrkamp TB 2009
- ISBN 978-3-518-46072-6
- € 8.00

Als dieses Buch 1990 zum ersten Mal erschien, wurde es als ein ungeheuer genauer, gelassener und ironisch-skeptischer Blick auf die Tage der Wende und die Monate danach begrüßt. In einer Zeit, als die Stimmung zwischen schriller Einheitseuphorie und Verklärung der DDR schwankte, schaute Thomas Rosenlöcher genauer hin und verließ sich allein auf sein unabhängiges Urteil. Liest man sein Tagebuch der Wendezeit heute, dann wird klar: Es ist eines der hellsichtigsten Bücher, die wir über das vereinte Deutschland lesen können. Mit großer Glaubwürdigkeit, radikaler Ehrlichkeit und klugem Humor beschreibt Rosenlöcher ein Land, in dem wir bis heute leben.
Wer ist Kaltenburg? Ein Ornithologe und Verhaltensforscher, der nach dem Krieg in Dresden ein Forschungsinstitut aufbaut. Ein Exzentriker, der den Dienstwagen samt Stasi-Chauffeur stehen lässt und Motorrad fährt. Für Hermann Funk, der seine Eltern in der Dresdner Bombennacht verlor, wird er zum Ziehvater. Als alter Mann erinnert sich Funk: an die Gründung des Institutes und der DDR, an Kaltenburgs plötzliches Verschwinden nach dem Mauerbau, an ein möglicherweise dunkles Kapitel in dessen Vergangenheit. Vor dem Hintergrund von einem halben Jahrhundert DDR-Geschichte erzählt Marcel Beyer in seinem hochgelobten Roman meisterlich von menschlichen Lebensläufen.
Joseph-Breitbach-Preis 2008
Marcel Beyer, geboren 1965, lebt in Köln und Dresden. Er schreibt Gedichte und Romane. 2006 erhielt Marcel Beyer den Erich Fried-Preis und 2008 den Joseph-Breitbach-Preis. Im Jahr 2012 wurde er zum 39. Stadtschreiber von Bergen-Enkheim ernannt. 2014 wurde er mit dem Kleist-Preis und dem Oskar Pastior Preis ausgezeichnet.
Elbflorenz, Barockstadt, Tal der Ahnungslosen - diese Stadt ist voller Glanz und Geschichte! Jens Wonneberger erzählt Geschichten, die hinter barocken Fassaden und Supermarktkassen spielen, er schreibt von gläsernen Menschen und blauen Wundern, seine Helden sind Kurfürsten, Indianerhäuptlinge oder auch nur eine kleine Fledermaus. Er spaziert über die Brühlschen Terrassen, wandelt durch die Straßen der Neustadt, besteigt einen Elbdampfer und hinterfragt den Mythos barocker Pracht. Dresden ist eine Stadt reich an Glanz und Geschichte und wurde von Katastrophen heimgesucht wie kaum eine zweite.
Zehn Jahre hat Alina ihre Schwester Irma nicht mehr gesehen, nun wartet die junge Frau am Berliner Ostbahnhof auf die späte Nachzüglerin. Die rußlanddeutsche Familie Schmidt war Anfang der achtziger Jahre nach Dresden gekommen. Alina erinnert sich, wie sich die neue, fremde Heimat anfühlte, deren Sprache sie nicht verstand und deren Verheißungen groß schienen. Wie aus den deutschen Russen mit der Zeit russische Deutsche wurden. Und wie Oma Erika, die Donauschwäbin, vom harten Leben der Vorfahren in Kasachstan erzählte.
Eleonora Hummel entfaltet in ihrem Roman die wendungsreiche Geschichte einer Aussiedler-Familie, die sich auf eine Reise ins vermeintlich gelobte Land macht und auf dem harten Boden der Realität landet. Nach einigen Jahren im DDR-Sozialismus fällt die Mauer und mit ihr der Zusammenhalt: Nun macht jeder seinen eigenen Gebrauch von der neuen Freiheit. Spannend, präzis beobachtend und mit leisem Humor schreibt Eleonora Hummel vom langen Atem der Vergangenheit, von Glücksversprechen und einer jungen Heldin auf der Suche nach sich selbst.
- Patrick Beck
- Swantegard. Hörspielfassung des gleichnamigen Theaterstücks
- Erata 2008
- ISBN 978-3-86660-020-1
- € 12.95

Ortstermin auf einer Ostseeinsel. Hügel, Schafe, Seeblick. Ein Abend, eine Nacht. Ein Bürgermeister und sein Berater wollen die karge Landschaft zu einem Golfplatz aufwerten. Doch die von ihnen Eingeladenen, eine Investorin und ein Staatssekretär, haben andere Pläne. Anwesend ist auch, von allen vier übersehen, ein Fünftes: die Nacht, der Nebel, die Stille, das Schöne. In dieser Hörspielfassung des gleichnamigen Theaterstücks von Patrick Beck nimmt die Wirklichkeit des Unsagbaren Gestalt an, wird die Wahrnehmung wieder auf die unverwertbaren Dimensionen unserer Lebenswelt gelenkt.
(Verlagsinformation)
Sprecher: Kathrin Kestler - Investorin, René Erler - Berater, Thomas Martin - Bürgermeister, Hanns-Jörn Weber - Staatssekretär
Regie und Hörspielfassung: Yvonne Groneberg
Abmischung und Musik: addlibs productions, Berlin
Aufnahme: natom productions, Dresden
Ein großer Krieg ist gerade vorüber. Es mangelt an allem. Die Menschen haben mehr Phantasie als Heizmaterial. Was nützt Geld, wenn es keine Waren gibt? Die Liebe des Großvaters zur Literatur und zur Musik ist es, die Ewelina zu unerhörten Taten anspornt. Sei es, Musikunterricht gegen Autogrammkarten eintauschen zu wollen, oder für die weihnachtliche Opernaufführung die Schauspieler mit Christstollen zu ködern. Manchmal klappt's, manchmal nicht. Wenn nichts klappt, ist ja immer noch Opa da.
Karla Schneider, geboren 1938 in Dresden, arbeitete nach dem Abitur zunächst ein Jahr lang in einer Fabrik und machte danach eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Bis 1979 war sie als freie Journalistin tätig. Sie übersiedelte nach Wuppertal, wo sie seit 1989 als freie Schriftstellerin lebt. 2008 erhielt Karla Schneider den Alex-Wedding-Preis der Berliner Akademie der Künste für ihr umfangreiches kinder- und jugendliterarisches Werk.
Klaus Funke erzählt von Menschen, von wunderlichen, seltsamen und ganz normalen, von ihren Schicksalen in den wechselnden Zeiten, der schlimmen und elenden Kriegszeit und den Umbrüchen danach. Die versammelten biographischen Bruchstücke aus dem erzgebirgischen Ort Kleinolberndorf verbinden sich zu einem Gemälde der Zeit nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Ein Maler wandert in das Dorf und skizziert die Lebensgeschichten wie die des Feldsängers, der aus bäuerlichen Verhältnissen stammend als junger Künstler eine Existenz versuchte aufzubauen, oder des Einsiedlers Jakub, der nach dem Tod seiner Frau seit drei Jahrzehnten in völliger Einsamkeit lebt. Es sind Menschen am Rande der dörflichen Gesellschaft. Ihre Sprache, ihre Eigenart, die Verbindung von individueller und allgemeiner Geschichte zeichnen ein lebendiges Bild vergangenen Lebens zwischen Leid und Lebensglück.
Lesung am 4. 12. 2008, 19 Uhr, im Stadtmuseum: Klaus Funke: Zeit für Unsterblichkeit
Der Mann kann nicht anders, ständig muß er Informationen sammeln: Tagsüber prüft Plaschinski Rentenanträge morgens und nach Feierabend protokolliert er, was sich in den Fenstern seiner Nachbarn gegenüber ereignet. Daraus reimt er sich ihre Biographien zusammen. Ein Bewohner, dessen Fenster verdeckt sind, weckt seine besondere Neugierde: ein zunehmend kniffliger Fall für den selbsternannten Ermittler. Der Held von Jens Wonnebergers neuen Roman bleibt am liebsten im Schutz seiner eigenen vier Wände, denn draußen ist er seinen Gefühlen für seine Kollegin Anna-Sophia ebenso ausgeliefert wie der peinlichen Rückenschule im Reha-Zentrum. Man könnte Pleschinski für einen Voyeur halten, einen leicht defekten Außenseiter. Dabei ist er ein Mensch aus der Mitte der Gesellschaft - das ist ja das Unheimliche. Hinter jedem Fenster steckt eine Verheißung, eine Gefahr, ein Schicksal ein glücklicher, ein seltsamer, ein gefährdeter Mensch. Die Tragikkomik im Gewöhnlichen und Alltäglichen verdichtet Wonneberger mit klarer Sprache und präzisem Blick zu einem Seelenporträt der deutschen Gegenwart.
Buchpremiere am 8. 10. 2008, 20 Uhr, im Erich-Kästner-Museum
- Klaus Funke
- Zeit für Unsterblichkeit. Ein Rachmaninow-Roman
- Faber & Faber 2008
- ISBN 978-3-86730-066-7
- € 18.00

Sergej Rachmaninow! Wer kennt nicht die kraftvoll romantischen Klänge seiner Klavierkonzerte? Die Musik dieses Mannes ist unsterblich geworden. Aber wer kennt Rachmaninows Leben? Seine Ängste, Zweifel, Freuden und Leiden und die Geheimnisse seines Herzens? Der Roman rafft die ersten 35 Lebensjahre des Musikers und Komponisten, so atemlos sie waren, wie in einem Film zusammen. Der Sohn eines russischen Landadeligen, 1873 geboren, wächst im Wirbel der Umwälzungen in Rußland zum bewunderten Jungstar heran, wird aus der Heimat herausgeschleudert ins europäische Exil, ins Schicksal des schließlich ruhe- und heimatlosen Weltkünstlers. Faszinierend, welchen Zeitgenossen er begegnet, Tschaikowski, Rubinstein, Rimski-Korsakow, Tolstoi, welche Kunst- und Musikmetropolen er berührt, Paris, London, New York, Moskau und Dresden vor allem, und mit welch magischer Kraft er bedeutende Werke schafft. Ein farbenreiches Bild der Zeit entsteht, ein fesselndes Panorama von Jahrzehnten des Umbruchs, in denen sich ein wundersames Musikerschicksal zur Unsterblichkeit hocharbeitet.
Buchpremiere am 14. 10. 2008, 19 Uhr, im Palais im Großen Garten. Lesung: 4. 12. 2008, 19 Uhr, im Stadtmuseum
Ludwig Kaltenburg, geboren 1903, Biologe, arbeitet Ende der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts in Posen. Dort begegnet er zum ersten Mal dem Ich-Erzähler, zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind. Im Gefolge des Zusammenbruchs des "Dritten Reichs" flüchtet der Junge mit seinen Eltern nach Dresden. Dessen Bombardierung im Februar 1945 überlebt er und beginnt ein Studium der Ornithologie, das ihn erneut in engen Kontakt zu Kaltenburg bringt. Der kann in Dresden ein eigenes Institut gründen und sich internationales Renommee erwerben. Wie erfahren die beiden Wissenschaftler, der angehende und der erfolgreiche, die Gründung und Konsolidierung der DDR in Dresden, welche Wendungen nehmen die Lebensläufe der beiden in den unterschiedlichen Stadien der DDR, wie erlebt der Ornithologe schließlich das Ende der DDR?
Sie stellen sich den Fragen nach der eigenen Existenz: der Bausoldat, der sich in der monotonen Plackerei auf Rügen zwischen "Gleichschritt" und "Normzeit" abhanden zu kommen droht der Anpassungsvirtuose Erich Mielke, für den das Wort Ich ein "bloßes Stochern im Dunkel" ist oder Apostel Paulus, der auf das Komme vertraut und das Hier und Jetzt als Zwischenzustand begreift: "Wie ein Buchstabe, / aufgerissenes Auge, nicht von dem Buch wissen kann, / das ihn enthält, / kann ich nicht lesen, wo ich bin". Auf Moränen erklingen diese Stimmen, unter ihnen ein Berg von Erlebnissen und Geschichte, Gedankengeröll, das sich übereinanderschiebt. Christian Lehnert spürt in seinen Gedichtzyklen tastend, drängend den Identitätsfragen nach, wie sie vom Urchristentum bis in die Gegenwart reflektiert werden, und entfaltet ein Wortgewebe voll dunklem Glanz (Gerhard Kaiser).
Lesung mit dem Autor am 9. April 2008, 20 Uhr
Die Geschichte der großen Liebe von Albert und Dorothee beginnt 1983 am Rande eines Kirchentages in Leipzig. Ein Kind soll für die beiden ein Zauberspruch gegen einen Alltag sein, mit dem sie nichts anfangen können. Doch Dorothee wird nicht schwanger, auch die Medizin vermag nicht zu helfen. Dann fällt die Mauer, neue Möglichkeiten tun sich auf, aber Albert entbindet Dorothee von ihrem Versprechen auf ein gemeinsames Leben. Er verlässt sie aus Liebe, damit wenigstens sie sich ihren Kinderwunsch erfüllen kann. Er selbst geht nach Wales - wie er sagt: ans Ende der Welt. Dort will er seine Forschungen zu Adalbert Stifter abschließen, dessen Ehe ebenfalls kinderlos geblieben war. Und noch tiefer reicht die Verbindung Alberts mit dem Leben Stifters: Als Albert einige Jahre später zum Abschluss seiner Forschungen nach Oberplan, Stifters Geburtsort in Böhmen, reist, lebt Dorothee dort.
Jörg Bernig erzählt die Geschichte einer großen Liebe, die durch Kinderlosigkeit in Gefahr gerät. Die Art und Weise, wie er die Liebenden in den Jahren vor und nach den Herbstereignissen von 1989 zeichnet und dies behutsam mit biografischen Details aus dem Leben Adalbert Stifters verbindet, macht diesen Roman zu einem Buch der Romantik von heute - einer Romantik, gegen die das alltägliche Leben steht.
- Axel Helbig
- Der eigene Ton. Gespräche mit Dichtern
- Leipziger Literaturverlag 2007
- ISBN 978-3-86660-028-7
- € 29.95

Arnold Stadler, Norbert Gstrein, Herta Müller, Reinhard Jirgl, Franz Hodjak, Günter Kunert, Christoph Meckel, Adolf Endler, Elke Erb, Ilma Rakusa, Katja Lange-Müller, Kathrin Schmidt, Peter Gehrisch, Raoul Schrott, Christoph Wilhelm Aigner, Christian Lehnert, Kurt Drawert, Marcel Beyer, Lenka Reinerová
"Der Ausgangspunkt für die Entstehung dieses Buches war die Neugier des Lesenden. Aber auch das Verlangen, gerade mit jenen Autoren ins Gespräch zu kommen, deren Bücher mich nicht nur entspannt, sondern mir darüber hinaus etwas abverlangt und mich verunsichert hatten, deren Texte mich nicht nur formal und inhaltlich angezogen, sondern zugleich in Möglichkeiten, mich zu hinterfragen, hineingezogen hatten."
Axel Helbig: geboren 1955, lebt in Dresden, Mitherausgeber der Zeitschrift OSTRAGEHEGE
(Verlagsinformation)
- Undine Materni
- Teufelshuf und Himbeerbrause. Eine höllisch-spannende Geschichte. Undine Materni & Jörg Bretschneider
- Edition Sächsische Zeitung 2007
- ISBN 978-3-938325-42-1
- € 12.90

Der Teufel, er nennt es Höllenleid, wir Menschen, wir nennen es - LIEBE. Die glücklichen Großeltern sind gerade in ihr kleines Häuschen am Rande der Stadt gezogen, da bekommen sie unerwarteten Besuch. Der Kerl mit dem Pferdehuf steht plötzlich in der Tür. Er will die Großeltern richtig verteufeln und denkt sich mit seinen Kumpanen - der Hexe, dem Gerippe und den beiden Irrlichtern - üble Gemeinheiten aus um sie auseinander zu bringen. Denn eines kann er überhaupt nicht leiden, wenn sich Leute richtig lieb haben. Nach vielen Bosheiten und schlaflosen Nächten begibt sich Großvater auf die Suche nach dem Teufel, um ihm das Handwerk zu legen. Dabei macht er eine merkwürdige Entdeckung: der Teufel wohnt nicht in einer dunklen Höhle sondern in einem wunderschönen Schloss, wo es täglich Schokoladenpudding und Himbeerbrause gibt. Und der Teufel scheint auch garnicht mehr so böse zu sein...Ob sich Großvater wieder von ihm täuschen lässt? Eine höllisch-spannende Geschichte für mutige Kinder ab 9 und verliebte Großeltern
- Edward Güldner
- Böhmische 21
- Notschriften-Verlag 2007
- ISBN 978-3-940200-10-7
- € 11.90

Bei Hinterhöfen hatte ich immer die Vorstellung von dunklen Löchern, in denen kein Grün eine Chance hat und das Tageslicht sich nur an den oberen Rändern der Dächer zeigt, bewohnt von lichtscheuen, düsteren Personen; kannte ich doch hauptsächlich die trostlosen, aneinandergereihten Berliner Gevierte und in Dresden nur einige Höfe in Pieschen, so war ich überrascht, hinter dem geduckten, von Kindern bunt beklecksten Häuschen, einen hellen, großen Hof zu finden, in dem Blumen, Sträucher und Bäume wuchsen und in den die Zweige einer mächtigen Kastanie ragen ...
Neuausgabe 2007 der Erzählungen von 1998, Hardcover, 80 Seiten. Mit Zeichnungen von Rainer Wriecz
Klaus Funke erzählt vom Leben und Sterben des bedeutenden Musikpädagogen Friedrich Wieck, dem Vater von Clara Schumann, und folgt Johannes Brahms in die Steiermark, wo er während eines Sommerurlaubs die Anfänge seiner 4. Sinfonie komponiert. Im Widerschein dieser begnadeten Musiker und ihrer Suche nach einem alltäglichen Glück spiegelt sich nicht nur das 19. Jahrhundert und seine Kultur. In Funkes virtuosen Novellen leuchtet allenthalben auch das tragische Schicksal Robert Schumanns auf.
Marcolini ist Silberpage am Fürstenhof in Dresden. Als ihn Prinzessin Maria Antonia zum Gesellschafter ihres ältesten Sohnes "befördert", ist er gekränkt: Friedrich August gilt als schwerfällig an Körper und Geist. Immerhin, wer weiß, wozu ein enger Kontakt zum Thronerben noch nützlich ist? Doch dann geschieht das Unerwartete: Friedrich August gewinnt mit seinem zurückhaltenden, freundlichen Wesen Marcolinis Herz. Und dieser wird es nicht zulassen, dass der Prinz von seiner eigenen Mutter um den Thron gebracht wird ... Ein bewegender historischer Roman um eine ungewöhnliche Freundschaft und eine lebendige Schilderung des Barock.
Mit dem Roman »Der Abschied oder Parsifals Ende« legt Klaus Funke das erste deutschsprachige belletristische Werk über den genialen Musiker Hans von Bülow vor. Wieder gelingt es dem Autor des Novellenbandes »Am Ende war alles Musik« und des Paganini-Romans »Der Teufel in Dresden« mit großem erzählerischem Atem und hoher Sachkenntnis den Leser in seinen Bann zu schlagen. Hans von Bülow, der Protagonist des Romans, von dem wir kein Tondokument oder gar einen Film besitzen, ist dennoch der erste moderne Stardirigent der europäischen Musikgeschichte und zugleich auch ein fabelhafter Pianist gewesen, lebte er heute, so würde er in einer Reihe mit Ashkenazy, Rattle, Barenboim oder Muti genannt werden. Hans von Bülow hat neben Engagements in München, Hannover, Hamburg und Berlin, in Meiningen von 1880 bis 1885 die Intendantur der Herzoglichen Hofkapelle inne gehabt. Diese Zeit, in der er dieses Orchester zu Weltruhm führte, ist zugleich auch seine widersprüchlichste Schaffens- und Lebenszeit gewesen. Er flüchtete nach der Ehe-Katastrophe mit der Liszt-Tochter Cosima, die ihm Richard Wagner abspenstig gemacht hatte, in eine zweite Ehe (mit Marie Schanzer, einer Schauspielerin am Meininger Theater), wurde ein enger Freund von Johannes Brahms, und erlebte vom Spätsommer 1882 bis zum Sommer 1883 seinen tiefsten menschlichen und gesundheitlichen Zusammenbruch, der seinen erschütternden Höhepunkt im Februar 1883 mit der Nachricht vom Tode Richard Wagners erreicht. Nur sein unbändiger Wille, sein missionarischer Eifer, sein Wahn der Musik richtet ihn wieder auf. Aber er nimmt, trotz europäischer Erfolge als Dirigent und Orchesterleiter, in diesen Jahren zugleich auch Abschied. Abschied vor allem von Richard Wagner, seinem ursprünglichen Idol, Abschied von der Wagnerschen Kunst- und Musikauffassung, und wendet sich immer stärker Beethoven und Brahms zu, die er in eine Reihe mit dem großen Bach stellt. Und, obwohl er seine Frau aufrichtig liebt, hofft Bülow, wie in einem Aufflackern seiner Lebensenergie, während eines Kuraufenthaltes mit Cecile Mutzenbecher ein letztes Mal Liebesrausch und Sinneslust zu finden. Hans von Bülow ist eine seltsam tragisch-dramatische Figur, beinahe »ein Ritter von der traurigen Gestalt«. Ein Mann, ein Künstler, der polarisiert, der abstößt und anzieht, immer wieder, und auch heute noch. Das Buch zeichnet diesen Mann und einen kleinen Wegabschnitt seines Lebens. Es ist ganz bewusst kein biografischer Text, sondern die Sage von einem Menschen, dem Sieger und Verlierer, dem großen Musiker Hans von Bülow.
LESUNG MIT DEM AUTOR: Sonnabend, 17. November 2007, 17 Uhr
- Una Giesecke
- Die Äußere Neustadt. Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils
- Sandstein Verlag 2007
- ISBN 978-3-937602-71-4
- € 12.50

- Jens Wonneberger
- Die Pflaumenallee. Roman
- Steidl 2006
- ISBN 978-3-86521-332-7
- € 18.00

Für einen wie Bergheimer gibt es keine Verwendung. Zwar trinkt er nicht übermäßig und und sein leichtes Hinken kann man übersehen; Termine hält stets ein, ein Jobangebot würde er wohl nicht sofort ausschlagen. Nur wird er von niemandem gebraucht, das macht eigenbrötlerisch. Immerhin hat er einen alten Schulfreund wiedergefunden, der sich von ihm vollquatschen läßt. Abends sitzen sie auf wechselnden Parkbänken, dann schwadroniert Bergheimer über die Ungerechtigkeit der Welt. Und beide denken an ihre Jugendjahre, als sie auf der Bank an der Pflaumenallee saßen und ihren Rückzugsort hatten, der sie vor den Zumutungen der Zeit schützte. Damals hatte Bergheimer auch sein Bein noch nicht verloren.
Jens Wonneberger schreibt über die Lebensgefühle von Menschen, die gemeint sind, wenn Politiker vom "Fördern und Fordern" sprechen - ganz normale Leute mit Träumen und ohne Perspektive. Mit großer Beobachtungsgabe und einer präzisen Sprache voll lakonischem Humor erschafft Wonneberger einen Stadtraum als Gehege für zwei bindungslose Zeitgenossen, die sich nicht viel zu geben haben und einander doch brauchen. Es entwickelt sich ein prekäres Beziehungsgeflecht und eine Geschichte über Hoffnungen, Aufbegehren und den harten Boden der Realität.
- Klaus Funke
- Der große Verdruss. Eine Übertreibung
- Verlag Die Scheune 2003
- ISBN 978-3-931684-80-8
- € 5.00

Diese "Groteske Romanzolette" ist der Debütband des Dresdner Autors.
- Jens Wonneberger
- Ums Karree
- Kowalke 2001
- ISBN 978-3-932191-21-3
- € 9.90

Jens Wonneberger läuft dann zu großer Form auf, wenn er sein tief melancholisches Weltverhältnis in Geschichten gießt, deren Schwermut etwas Beiläufiges hat und den Text doch durchtränkt. Bestens ist das in "Ums Karree" gelungen, stillen Erkundungsgängen durchs eigene Viertel und damit auch Streifzügen durch die (Gefühls)Geschichte des Erzählers. Es wäre - hallo, Steidl? - dringend zu wünschen, dass dieses 2001 mit dem Konkurs des Kowalke-Verlags untergegangene Buch wiederveröffentlicht wird und endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient. (Andreas Heckmann, Zeitschriftenschau 65, www.am-erker.de)
- Ingo Schulze
- Simple Storys. Ein Roman aus der ostdeutschen Provinz
- DTV 1999
- ISBN 978-3-423-12702-8
- € 10.90

Das ostthüringische Altenburg - einst kaiserliche Pfalz und herzogliche Residenz, vergrößert durch Plattenbausiedlungen, umgeben von Chemie-Industrie, von Braunkohle- und Uranabbau, gesäumt von lieblicher Burgenlandschaft - ist der Schauplatz von Ingo Schulzes Roman. In 29 scheinbar »einfachen Geschichten«, in vielen kleinen Alltagsbegebenheiten, offenbart sich das Zusammenstürzen einer ganzen Welt, jener dramatische Bruch, der sich nach 1989 durch so viele ostdeutsche Biographien zieht. Ingo Schulze zeichnet seine von der Weltgeschichte überrumpelten Protagonisten mit unfehlbarer Präzision, mit Humor und Gefühl - und ganz ohne jedes Pathos.